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Wer liefert den Berliner Strom? Anfang November werden die Bürger im Rahmen eines Volksentscheids abstimmen, ob der Senat das Netz von Vattenfall kaufen soll.

© picture alliance/dpa

Rückkauf der Energieversorgung in Berlin: Wirtschaftssenatorin Yzer will kein Stromnetz

Berlins Wirtschaftssenatorin warnt vor „teuren Experimenten“ und will weder das Netz von Vattenfall noch ein eigenes Stadtwerk. Am 3. November entscheidet das Volk.

Die Debatte über die Berliner Energiepolitik kommt in Schwung. Nachdem sich der 3. November als Termin für den Volksentscheid über ein kommunales Stromnetz abzeichnet, warnt nun Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) vor einem landeseigenen Stadtwerk und der Übernahme des Stromnetzes. „Wir brauchen stabile Energiepreise in Berlin, keine kostspieligen Experimente“, sagte Yzer im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Bei allem Respekt vor den 200 000 Unterschriften des Energietisches: Wir müssen die Interessen von fast dreieinhalb Millionen Berlinern im Auge behalten und auf die Kosten achten.“

Der Energietisch, ein Bündnis einiger Dutzend Initiativen, das von SPD, Grünen und Linken unterstützt wird, möchte drei Dinge: Ein Stadtwerk, das Energie erzeugt und verkauft. Zum zweiten den Rückkauf des Stromnetzes von Vattenfall und schließlich die Konzession für den Betrieb des Netzes, die jedoch nach EU-Recht ausgeschrieben werden muss.

Wissenschaftssenatorin Yzer ist skeptisch bei der Rekommunalisierung der Stromversorgung

Die Wirtschaftssenatorin ist bei allen drei Punkten skeptisch und äußert sich so deutlich, wie bislang noch kein Senatsmitglied. „Wer glaubt, in der öffentlichen Hand werde alles preiswerter und ökologischer, der täuscht sich.“ Vor allem der Kauf des Netzes – die Schätzungen für den Preis liegen zwischen 500 Millionen und 2,5 Milliarden Euro – macht für Yzer keinen Sinn. „Selbst wenn das Netz nur eine Milliarde kosten sollte – was ist der Mehrwert für die Verbraucher?“, fragt die CDU-Politikerin. Neben dem Kaufpreis seien „erhebliche Investitionen“ in die Instandhaltung und Modernisierung erforderlich, die kaum zu stemmen seien. Die landeseigene Investitionsbank Berlin finanziere bereits „eine Reihe politisch gewollter Aufgaben und würde als Finanzier eines Netzkaufs an die Grenze ihrer Risikotragfähigkeit gebracht“, meinte die Wirtschaftssenatorin. Nach ihrer Beobachtung seien „alle, die Erfahrung haben, gegen einen Kauf des Netzes. Wer Luftschlösser baut, ist dafür.“

Im Herbst gibt es einen Volksentscheid über den Rückkauf der Stadtwerke

Die Konzession für den Betrieb des Netzes, das Vattenfall gehört und von Vattenfall betrieben wird, muss im nächsten Jahr neu vergeben werden. Bislang gibt es sieben Bewerber für das Netz, darunter wiederum Vattenfall, aber auch ein chinesischer Energiekonzern, der deutsche Stadtwerkeverbund Thüga, das Landesunternehmen Berlin Energie sowie die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin. Die Konzession vergibt die Senatsverwaltung für Finanzen im Verlauf des kommenden Jahres. Ob dann auch mit Vattenfall über den Kauf des Netzes verhandelt wird, hängt ab vom Volksentscheid in diesem Herbst. Mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten muss sich an dem Plebiszit beteiligen und dann muss wiederum mindestens die Hälfte der Abstimmenden für den Kauf votieren.

Die Senatorin geht davon aus, dass der vom Energietisch ausgerechnete Ansatz nicht funktionieren wird

Weniger kompliziert und umstritten ist die Einrichtung eines Berliner Stadtwerks, zumal sich die Regierungsfraktionen SPD und CDU im Prinzip darauf verständigt und ein paar Millionen Euro dafür vorgesehen haben. Wofür das Geld genau gebraucht wird, ist aber offenkundig selbst im Senat nicht klar. „Mir hat noch niemand einen Businessplan für ein Stadtwerk gezeigt“, sagt die Wirtschaftssenatorin. Immerhin ist sie sich sicher, dass „der Ansatz des Energietisches nicht funktionieren wird“. Und zwar auch deshalb nicht, weil das Stadtwerk überhaupt keine Erzeugungskapazitäten habe und deshalb Strom an der Börse zukaufen müsse. Stromhandel, so Yzer, sei aber nicht vorgesehen für das Stadtwerk. „Es ist überhaupt nicht klar, wie das alles funktionieren soll. Die CDU hat in der Koalition deutlich gemacht, dass ein Stadtwerk wirtschaftlich sein muss. Diese Wirtschaftlichkeit ist aber bislang nicht belegt“, argumentiert Yzer.

Alles in allem gibt sich die Senatorin besorgt über die Standortbedingungen in der Stadt in Zeiten der Energiewende: „Wir wollen in Berlin die Reindustriealisierung fortsetzen und brauchen dafür auch verträgliche Energiepreise.“ Zwar sei die Energiepolitik der schwarz-gelben Bundesregierung dafür entscheidend. Doch auch der Senat sollte „die Stromversorgung so kostengünstig wie möglich organisieren“. Und das sei nicht der Fall, so meint die Senatorin, wenn der Senat selbst sich darum kümmere.

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