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Rückrufaktion: Noch ein Schlag für Toyota

Der Autokonzern muss auch den Verkaufsschlager Prius zurückrufen. In Deutschland sind es 4000 Wagen.

Berlin - Noch merkt Eduard Witthohn keine Zurückhaltung bei seinen Kunden. „Bis heute ist noch keiner von seinem Kauf zurückgetreten“, sagt der Geschäftsführer der M.C.F. Motor Company, dem größten Toyota-Händler in Berlin. „Natürlich rufen die Kunden an und fragen nach, was sie tun sollen. Aber ich hatte noch keinen am Telefon, der direkt Angst hatte.“ Und Witthohn fügt hinzu: „In Deutschland ist ja auch noch nichts vorgefallen.“

Für Toyota – und damit auch die Händler – kommt es immer schlimmer. Nun ruft der japanische Autohersteller auch noch die dritte Generation des Prius zurück. Das ist besonders bitter, denn der Prius, das erste serienmäßige Hybrid- Fahrzeug, ist ein Trendsetter und ein Verkaufsschlager. So war der neue Prius, der im Mai vergangenen Jahres herauskam, noch im Januar das bestverkaufte Auto in Japan. „Das Auto ist absolut innovativ und auch wir haben es gut verkauft“, berichtet Witthohn aus Berlin. Von dem neuerlichen Rückruf sind in Japan rund 223 000 Autos betroffen, auf dem wichtigen US-Markt rund 139 000, in Europa knapp 53 000 und in Deutschland immerhin rund 4000 Fahrzeuge.

Der Grund für den jetzigen Rückruf: Beschwerden von Kunden über das Bremsgefühl. „Nur beim leichten Bremsen auf holpriger oder rutschiger Fahrbahn und gleichzeitigem ABS-Eingriff kann das System kurzfristig langsamer reagieren, als es die Kunden erwarten“, teilte Toyota mit. Das Problem soll mit einem Software-Update des Antiblockiersystems behoben werden. Von dieser Maßnahme sind alle Fahrzeuge betroffen, die in der Zeit vom 7. April 2009 bis zum 27. Januar 2010 hergestellt wurden.

Bei Toyota reiht sich derzeit ein Rückruf an den nächsten: Beim ersten ging es um Fußmatten, die sich mit dem Gaspedal verhaken konnten, beim zweiten ging es um Gaspedale, die nur langsam oder gar nicht mehr in die Ausgangsposition zurückkehrten, nun geht es um Bremsen. Toyota hat also nicht ein Problem, das viele Fahrzeuge betrifft, sondern gleich mehrere Sicherheitsprobleme mit jeweils verschiedene Ursachen und unterschiedlichen Teilen. Insgesamt hat Toyota wegen Schwierigkeiten mit Fußmatten, Gaspedalen und Bremssystemen mehr als 8,5 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurückgerufen.

Neben den Reparaturkosten und möglichen Absatzrückgängen steht dem bisher für seine hohe Qualität gerühmten Autobauer zudem eine Klagewelle in den USA bevor. Dort sollen bereits 19 Menschen wegen womöglich fehlerhafter Gaspedale ums Leben gekommen sein. Toyota-Chef Akio Toyoda entschuldigte sich am Dienstag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche öffentlich für das Debakel. „Lassen Sie mich jedem versichern, dass wir unsere Verpflichtung zu Qualität als Lebensader unseres Unternehmens verdoppeln werden“, sagte er.

Die Sicherheitsprobleme könnten Toyotas rasanten Aufstieg bremsen. Erst 2009 war das Unternehmen zum größten Autohersteller der Welt aufgestiegen. Der Grund für den Erfolg: Qualität und Zuverlässigkeit zu bezahlbaren Preisen. Der Kernwert der Marke sei nun beschädigt, sagt der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg. Der Nimbus des Herstellers, fehlerfrei zu sein, sei zerstört. Dadurch werde der Marktwert der Fahrzeuge sinken und das Unternehmen werde womöglich seine Preise senken müssen. „Dies schwächt die Rendite pro Fahrzeug bei Toyota nachhaltig“, sagt Dudenhöffer.

Volkswagen könnte davon profitieren, immerhin ist der Wolfsburger Autokonzern angetreten, Toyota als weltgrößten Hersteller zu überholen. Doch ein Teil des Erfolgs von Toyota beruht darauf, dass in verschiedene Modelle gleiche Teile eingebaut werden. Das senkt die Kosten – birgt aber die Gefahr eines größeren Schadens, sollte ein Teil fehlerhaft sein. Die Strategie der gleichen Teile verfolgt der VW-Konzern auch. Experten warnen nun, dass Volkswagen bei seinem schnellen Wachstum seine Qualitätskultur nicht vernachlässigen darf.

Doch noch ist Toyota nicht aus dem Rennen: Etwa die Hälfte der potenziellen Autokäufer in Deutschland würden ein Fahrzeug des japanischen Autobauers kaufen. Das ergab eine Umfrage des „AutoScout24-Magazins“ vom 4. bis 8. Februar bei 1502 Nutzern. Unter diesen sieht jeder zweite trotz des Rückrufs kein echtes Sicherheitsproblem. Allerdings würden bereits vier von zehn Befragten momentan keinen Toyota kaufen.

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