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Wirtschaft: Rüstungsindustrie: Wehrtechnische Industrie fordert mehr Geld für Verteidigung

Die deutsche Rüstungsindustrie hat die Bundesregierung vor den Folgen ihrer Sparpolitik im Verteidigungsbereich gewarnt. Die Bundeswehr sei "massiv unterfinanziert", als Folge drohe in den Unternehmen der Verlust von Arbeitsplätzen und Fähigkeiten in der Industrie, sagte Timm R.

Die deutsche Rüstungsindustrie hat die Bundesregierung vor den Folgen ihrer Sparpolitik im Verteidigungsbereich gewarnt. Die Bundeswehr sei "massiv unterfinanziert", als Folge drohe in den Unternehmen der Verlust von Arbeitsplätzen und Fähigkeiten in der Industrie, sagte Timm R. Meyer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Montagabend in Berlin. "Die wehrtechnische Industrie steckt in einer existenziellen Krise", klagte Meyer. Vor allem Hersteller von Ausrüstungen, die vom Truppenteil Heer eingesetzt werden, seien durch Auftragskürzungen oder -verschiebungen bedroht. Für die Projekte, die derzeit noch auf der Planungsliste stehen, seien rund 2,5 Milliarden Mark zu wenig vorhanden. Haushaltsexperten der Bundesregierung lehnten eine Aufstockung des Verteidigungsetats jedoch ab und sagten, die Armee müsse mit dem vorhandenen Geld bis auf weiteres auskommen.

Bereits in den vergangenen zehn Jahren habe die Rüstungsindustrie 180 000 Arbeitsplätze abgebaut und beschäftige in Deutschland heute nur noch 100 000 Menschen, sagte Meyer. Doch auch diese Jobs seien gefährdet, wenn es nicht mehr Geld zur Erneuerung und Modernisierung von Waffen und Ausrüstung gebe. Wegen der schlechten Ausrüstung sei die Bundeswehr nicht mehr in der Lage, Aufträge der Nato angemessen zu erfüllen. Das habe auch außenpolitische Konsequenzen: "Mit dem Dahinsiechen der Industrie verliert die Bundesrepublik auch ihr sicherheitspolitisches Gewicht in Europa." Um das zu ändern, brauche die Armee knapp sechs Milliarden Mark zusätzlich für neue Anschaffungen.

Veraltetes Material beim Bund

Auch für die Soldaten im Einsatz könnten Ausrüstungsmängel schlimme Folgen haben, fürchtet Detlef Moog, Vorstandsmitglied der Rheinmetall Detec AG, Düsseldorf, die Munition und Teile von Panzern, etwa des "Leopard 2", herstellt. "Der große Teil der Panzerfahrzeuge ist älter als 20 Jahre und nicht ausreichend geschützt", monierte er. Bislang seien bis 2008 aber nur zwei neue Projekte geplant. Das reiche nicht, um das Wissen für die Fertigung zu erhalten und neue Techniken zu entwickeln. "Die Industrie ist akut in ihrem Bestand gefährdet", sagte Moog.

Auch Firmen aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt sowie Lenkflugkörper-Herstellung mache die Finanznot zu schaffen, sagte Werner Dornisch, Vorstandsmitglied des Rüstungsherstellers Diehl, Nürnberg. Gegenüber Unternehmen aus anderen Nato-Staaten sinke die Wettbewerbsfähigkeit zunehmend. Die Marine-Industrie indes versuche einen Ausgleich über den Export, erklärte Herbert von Nitsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Werft Blohm und Voss, Hamburg. Oft werde der Verkauf ins Ausland aber von der Bundesregierung aus politischen Gründen behindert oder verzögert. "Wir haben keine Planungssicherheit", sagte von Nitsch.

Die rot-grüne Regierungskoalition wies die Vorwürfe der Industrie zurück und will an der Finanzausstattung der Bundeswehr von derzeit 46,2 Milliarden Mark im Jahr mittelfristig nichts ändern. "Die Bundeswehr bekommt 1,5 Milliarden Mark zusätzlich für die Terror-Bekämpfung. Das muss reichen", erklärte Hans-Georg Wagner, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Höhere Investitionen könne es nur durch Umschichtungen innerhalb des Verteidigungshaushalts geben. Wagner forderte die Industrie auf, nach Marktnischen zu suchen und neue Produkte zu entwickeln, um zu überleben. Auch Peter Zumkley, der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, regte Umstrukturierungen der Unternehmen an. "Die europäische Luftfahrtindustrie hat sich konsolidiert und sich unter dem Dach der EADS zusammengeschlossen. Daran könnte sich die Heeres-Industrie ein Beispiel nehmen", sagte Zumkley. Überdies sei "eine moderne Bundeswehr wichtig, nicht die Auslastung der deutschen Industrie". Aus der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen kam der Vorschlag, die Bundeswehr auf eine 200 000 Mann starke Freiwilligenarmee umzustellen, wie es Experten empfehlen. Damit würde auch genügend Geld für eine moderne Ausrüstung frei.

Die Opposition im Bundestag kritisierte die geringen Verteidigungsausgaben. Die Hälfte der vorgesehenen Anschaffungen müsse wegen Geldmangels verschoben werden, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Dietrich Austermann. Damit setze die Bundesregierung das internationale Renommee des Militärs aufs Spiel. Für Munition, Materialerhalt, Mienenschutz und anderes müsse die Armee 2,3 Milliarden Mark mehr im Jahr bekommen.

brö

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