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Handarbeit. Beschäftigte in Nagelstudios setzen sich schädlichen Stoffen aus.

© picture alliance / dpa

Ruinöser Wettbewerb der Nailstylisten: Preisdumping in Nagelstudios

Das Angebot ist riesig, die Konkurrenz der Studios untereinander ist hart. Stylistinnen in Nagelstudios verdienen oft sehr schlecht und riskieren ihre Gesundheit.

Nagelstudios gibt es in deutschen Städten gefühlt an fast an jeder Straßenecke. Immer wieder machen neue auf, andere schließen. Ihre Zahl ist schwer zu überblicken, offizielle Angaben darüber gibt es kaum. Nur eines scheint klar: Die Konkurrenz unter ihnen ist enorm groß und die Arbeitsbedingungen scheinen oft schlecht zu sein.

Es ist sehr schwer, jemanden aus der Branche zu finden, der offen über die Arbeitsbedingungen redet. Einer, der sprechen will, ist Frank Schäberle. Schäberle ist einer der bekanntesten Nageldesigner Deutschlands und hat nationale und internationale Design-Wettbewerbe gewonnen. Er glaubt, dass sich das Geschäft mit Nagelstudios in Deutschland in den vergangenen Jahren „absolut positiv“ entwickelt hat. Auch die Arbeitsbedingungen seien hierzulande auf einem „wesentlich besseren Standard“ als in vielen anderen Ländern, wie zum Beispiel in den USA.

„Selbstverständlich“ gebe es wie in jeder Branche „schwarze Schafe“, sagt Schäberle. „Eine Flut“ an Billigsalons führe zu Preisdumping und gehe auf Kosten der „Qualität und der Entlohnung der Nailstylisten“, sagt der Nagel-Experte.

Wer will, kann sich als Nageldesignerin selbstständig machen

Ähnlich äußert sich auch der Betreiber einer Kosmetikschule in Frankfurt am Main, die Ausbildungen im Nageldesign anbietet: Heute gebe es „viel mehr Konkurrenz“ als noch vor einigen Jahren, die Preise würden „kaputt gemacht“. Grundsätzlich ist eine Ausbildung für den Beruf aber nicht nötig. Wer will, kann sich als Nageldesignerin selbständig machen. Männer gibt es in der Branche kaum.

Wie viel die Frauen verdienen, ist schwer zu sagen. Das Internetportal ausbildung.de gibt das Einstiegsgehalt mit 1400 Euro bis 1800 Euro brutto pro Monat an. Schäberle sagt, dass der Verdienst ungefähr mit dem von Friseuren zu vergleichen sei.

In der Realität kann die Entlohnung aber deutlich darunter liegen, wie ein Beispiel aus Frankfurt zeigt: Eine selbstständige Nageldesignerin – sie will unerkannt bleiben – erzählt, dass sie rund 20 Stunden pro Woche arbeitet und am Ende des Monats zwischen 400 Euro und 500 Euro mit nach Hause bringt. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn, der zwischen fünf Euro und 6,25 Euro liegt – und damit deutlich unter dem Mindestlohn von 8,50 Euro.

Selbstständigkeit sei ein Problem in der Branche, sagt ein Nagelstudio-Betreiber in Frankfurt, der ebenfalls seinen Namen nicht nennen will. In vielen Studios seien selbstständige Mitarbeiter tätig, die auf Honorarbasis arbeiteten. Dies sei nicht nur aus arbeitsrechtlichen Gründen sehr fraglich, sondern könne auch für die Kunden Nachteile mit sich bringen. Die Mitarbeiter würden oft schnell arbeiten, da sie für Mehrarbeit nicht bezahlt würden. „Da wird auch gepfuscht“, sagt der Unternehmer.

Giftige Dämpfe aus den Lacken führen zu Krankheiten

Auch gesundheitlich kann der Job im Nagelstudio problematisch sein. In den USA befragte die „New York Times“ mehr als 150 Frauen, die anderen die Nägel feilen und lackieren. Die Zeitung führte Krebserkrankungen und Missbildungen von Neugeborenen darauf zurück, dass Arbeiterinnen ständig giftigen Dämpfen aus den Nagellacken ausgesetzt waren.

In Deutschland verwenden drei Viertel der Studios laut Schäberle Gel zum Modellieren der Nägel. Ein Viertel setze dagegen auf Acryl. Für letzteres gibt es zwei Inhaltsstoffe: Ethylmethacrylat (EMA) und Methylmethacrylat (MMA). MMA ist gesundheitlich umstritten, das Bundesinstitut für Risikobewertung machte bereits 2011 auf Gefahren aufmerksam. Der Stoff kann Atemwegserkrankungen oder Allergien verursachen. Im Vergleich zu EMA ist MMA aber deutlich günstiger. Und da es in Deutschland nicht verboten ist, wird letzteres auch weiter genutzt. Nagelstudios können sich dadurch einen Kostenvorteil verschaffen – zu Lasten der Gesundheit von Angestellten und Kunden. AFP

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