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Wirtschaft: Rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze möglich

Wissenschaftszentrum Berlin entwickelt Konzept der "Übergangsarbeitsmärkte" / Wachstum allein löst die Beschäftigungskrise nichtVON ALFONS FRESEWenn ein Senator kommt, dann will man was erzählen, ein wenig renommieren.Und so präsentierte sich das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) anläßlich eines Besuchs von Wissenschaftssenator Peter Radunski in der vergangenen Woche mit Forschungsergebnissen aus den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und Innovationen.

Wissenschaftszentrum Berlin entwickelt Konzept der "Übergangsarbeitsmärkte" / Wachstum allein löst die Beschäftigungskrise nichtVON ALFONS FRESE

Wenn ein Senator kommt, dann will man was erzählen, ein wenig renommieren.Und so präsentierte sich das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) anläßlich eines Besuchs von Wissenschaftssenator Peter Radunski in der vergangenen Woche mit Forschungsergebnissen aus den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und Innovationen.Doch zuvor gratulierte Radunski zum hervorragenden Zeugnis, das der Wissenschaftsrat dem WZB ausgestellt hat.In Zeiten leerer öffentlicher Kassen sind die guten Noten viel Geld wert, denn Gesellschafter und Zuwendungsgeber des WZB sind der Bund und das Land Berlin."Problemorientierte Grundlagenforschung" betreiben die 150 WZB-Mitarbeiter, davon rund 100 Wissenschaftler.Der Jahresetat liegt - ohne Drittmittel - bei rund 24 Mill.DM. Aus dem Schwerpunktbereich Arbeit und Beschäftigung stellte Professor Günther Schmid die Vorschläge des Instituts zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vor.Ausgangspunkt der Überlegungen: Die sogenannten Beschäftigungsschwellen werden immer höher, aufgrund der hohen Produktivität entstehen erst bei einer Wachstumsrate von über 2,2 Prozent zusätzliche Arbeitsplätze.Anders gerechnet: Erst bei einem Wachstum von rund sechs Prozent über fünf Jahre könnte die Arbeitslosenzahl in der Bundesrepublik halbiert werden.Da dies unrealistisch ist, sind zusätzliche Strategien erforderlich.Schmid hat dazu das "Konzept der Übergangsarbeitsmärkte" entwickelt, gleichsam Puffer, die die Risiken auf dem Arbeitsmarkt abfedern und Arbeitslosigkeit als Dauerzustand für die Betroffenen ausschließt.Schließlich sind in der Bundesrepublik rund 1,7 Millionen Menschen länger als ein Jahr arbeitslos. Der Begriff "Übergänge" leitet sich ab aus der Vernetzung verschiedener Formen von Beschäftigung sowie einer stärkeren Integration von Bildung und "privater" Tätigkeit ins Erwerbsleben (siehe Graphik, Quelle WZB).Würden alle "Beschäftigungsbrüêken" gespannt, die Schmid vorschlägt, dann könnte ein Beschäftigungspotential von 1,3 Mill.Vollzeitstellen erschlossen werden.Und zwar zum überwiegenden Teil kostenneutral, da Aufwendungen sowie Einnahmeverluste der Arbeitslosigkeit gegengerechnet werden, und da bei einigen Programmen überhaupt keine Kosten entstehen.Schmid nennt als Beispiel dafür das Berliner Sabbatical-Programm, mit dem fünf Prozent der Berliner Lehrer alle sieben Jahre ein Jahr aussetzen.Auf Radunskis Frage, ob die Vorschläge im politischen Raum registriert, möglicherweise gar aufgegriffen werden, konnte Schmid immerhin auf die Berliner Arbeitsmarktpolitik verweisen: Das Lohnkostenzuschußprogramm des Senats für kleine und mittlere Unternehmen sei im WZB kreiert worden.Und an den Berliner "Memoranden zur innovativen Arbeitsmarktpolitik" sei die Forschungseinrichtung auch beteiligt gewesen. Schmids Kollege Ulrich Jürgens aus der WZB-Abteilung "Regulierung von Arbeit" hat die Ergebnisse einer mehrjährigen Untersuchung über "Produkt- und Prozeßentwicklung" im Ländervergleich bei VW, Fiat und Toyota vorgestellt.Der WZB-Mann war der Frage nachgegangen, wo Ende der 80er Jahre der enorme Produktivitätsvorsprung der Japaner und Amerikaner - zumal in der Autoindustrie - herkam.Die Antwort fand Jürgens in den "sozialen Prozessen", Kommunikation und Kooperation liefen in japanischen und US-Unternehmen wesentlich reibungsloser als in Deutschland.Die Amerikaner seien viel "prozeßorientierter", in Deutschland stehe dagegen "das Fachliche im Vordergrund".Im übrigen sei er während der Forschungsarbeiten in den USA auf ziemliches Desinteresse gestoßen: "Die Amerikaner", so Jürgens über die Stimmungslage, "haben nicht den Eindruck, von den Deutschen lernen zu können".

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