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Wirtschaft: Runde Geschäfte

Etwa 2000 Firmen in Deutschland handeln professionell mit Daten. Je umfangreicher die Informationen, desto höher der Preis

Berlin - Der Handel mit persönlichen Daten ist ein lukratives Geschäft. Rund 2000 Firmen sind darauf in Deutschland spezialisiert, aber auch Behörden verdienen mit. „Man hat den Eindruck, Daten und Informationen schlechthin werden verstärkt als Ware gehandelt“, sagt Anja-Maria Gardain, Sprecherin des Berliner Beauftragten für Datenschutz.

Millionen von Datensätzen mit Informationen über einzelne Bürger, Kunden und Verbraucher wechseln täglich den Besitzer. Das betrifft Kunden, die im Versandhandel bestellen oder an Gewinnspielen teilnehmen genauso wie Menschen, die bei Konsumentenbefragungen antworten oder die Rabatte der zahlreichen Kundenkarten nutzen. Sie alle haben per Unterschrift das grundsätzliche Einverständnis gegeben, dass ihre Daten weitergegeben werden. Damit ist der Handel nach dem Datenschutzgesetz absolut legal. Für die Kunden ist der Vorgang damit abgeschlossen. Für die Branche geht es jetzt erst richtig los.

Denn Unternehmen bieten die angegebenen Kundendaten – Name, Adresse, Beruf, Geburtsjahr sowie besondere Merkmale oder Angaben zum Konsumverhalten – sogenannten Eignern an. Das sind Firmen, die auf vielen verschiedenen Wegen Daten aufkaufen und damit Listen erstellen und anbieten. Rund 1800 solcher Eigner sind nach Angaben des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV) in Deutschland tätig. Branchenprimus ist die Schober Information Group aus der Nähe von Stuttgart, die derzeit in neun europäischen Ländern aktiv ist und 400 Mitarbeiter beschäftigt.

An solche Datenhändler treten nun andere Firmen heran, die sogenannten Broker oder Makler, die im Auftrag der Werbewirtschaft zumeist nach speziellen Daten für eine bestimmte Zielgruppe suchen. Die Zahl der in Deutschland aktiven Brokerfirmen schätzt der DDV auf 200. Darunter sind große Unternehmen wie die Bertelsmann-Tochter AZ direct oder kleine Firmen, die sich auf Nischen spezialisiert haben, indem sie zum Beispiel nur die Daten von Lehrern oder von Gartenbesitzern anbieten.

Der Markt funktioniert nach einem klaren Grundsatz: Je umfangreicher und genauer die Informationen, desto wertvoller. „Der Preis hängt auch davon ab, ob ich Daten mehrmals nutze oder nur einmal, ob ich sie vermiete oder verkaufe und wie detailliert sie sind“, erklärt Patrick Tapp aus dem Vorstand des DDV. Dass die Branche immer wieder in Verruf kommt, liegt auch an der Weiterverarbeitung der Daten. Bernd Carstensen, Vize-Vorsitzender beim Bund der Kriminalbeamten (BdK): „Es kursieren Angaben zu Kunden, die bereits angerufen und intern bewertet wurden. Da gibt es dann etwa den Hinweis: ‚Reagiert auf Telefon’ oder ,Legt gleich auf’.“ Damit werde ein immer kompletteres Persönlichkeitsbild der Angerufenen erstellt, das nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung möglich sein sollte, sagt Carstensen. Gleichzeitig räumt er ein, dass dies juristisch nicht eindeutig illegal ist, solange ein Unternehmen die Telefonnummern legal erworben habe. Eindeutig ist dagegen der Profit. „Wenn bekannt ist, dass jemand auf Anrufe reagiert, wird für seine Daten ein höherer Preis gezahlt.“ Nach seiner Schätzung liegt die Bandbreite für den Datensatz einer Person zwischen einem Cent und einem Euro.

Anrufe, die das Ziel haben, Daten mit Zusatzinformationen anzureichern, werden nach BdK-Angaben in Call-Centern durchgeführt. DDV-Sprecher Tapp, in dessen Verband auch Call-Center organisiert sind, wehrt sich: „Call-Center sind normale Dienstleister von Unternehmen.“ Die jetzt aufgetauchten CDs hätten gestohlene Daten enthalten und seien illegal verwendet worden.

Auch Behörden profitieren vom Datenhandel. Einwohnermeldeämter geben Bürgerdaten gegen Gebühr als „einfache Auskünfte aus dem Melderegister“ an Eignerfirmen weiter. Das ist nach dem Melderechtsrahmengesetz auch zulässig. Auch jede Privatperson kann von Behörden den Namen, den akademische Titel und die Adresse eines beliebigen Menschen erhalten. Wenn jemand gegenüber der Behörde ein „berechtigtes Interesse“ glaubhaft macht, darf ihm sogar zusätzlich Geburtstag und -ort, die Staatsangehörigkeit und der Familienstand mit Name und Anschrift des Partners überlassen werden. Allerdings muss in solchen Fällen der Betroffene nach dem Gesetz unverzüglich von der Anfrage informiert werden.

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