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Wirtschaft: Runder Tisch für die Forschung gefordert

Wirtschaft und Forschungsinstitute in Berlin warnen vor Streichungen im Haushalt 98 BERLIN (U.S.

Wirtschaft und Forschungsinstitute in Berlin warnen vor Streichungen im Haushalt 98

BERLIN (U.S.). Rechtzeitig vor den Haushaltsberatungen für 1998 haben die Forschungsinstitute vor einschneidenden Kürzungen gewarnt.Professor Ingolf Hertel, der Sprecher der Institute der "Blauen Liste", erklärte am Donnerstag vor der Presse, die anderen Länder würden Berlin um seine Forschungslandschaft beneiden, weil bekannt sei,daß jede D-Mark, die die Stadt in den Forschungsinstituten investiere, mit 3,30 DM vom Bund und den anderen Ländern gegenfinanziert werde.Das hat eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die am Donnerstag vorgestellt wurde, erneut ergeben.Die Forschungsinstitute seien daher nicht nur ein Kostenfaktor, sondern sie brächten erhebliche Gelder überhaupt erst in die Stadt.Sollte Berlin jetzt bei den Forschungsinstituten sein Kapital verspielen, sei es langfristig aus dem Rennen. Der Vertreter der Industrie-und Handelskammer, Abteilungsleiter Manfred Kern-Nelle, untertützte diese Aussage mit dem Argument, wenn der Forschungsstandort Berlin gefährdet werde, nehme auch die Wirtschaft Schaden.Die Grundlagenforschung sei eine zentrale Aufgabe der Forschungsinstitute und müsse weiter vom Staat finanziert werden. Professor Hertel forderte ebenso wie der Direktor des Max-Delbrück-Centrums in Buch, Professor Detlef Ganten, die Einrichtung eines Runden Tisches, an dem Berliner Politiker mit den Leitern der Forschungsinstitute und auswärtigen Gutachtern regelmäßig vor wesentlichen Entscheidungen über die "Forschungsstrategie in Berlin" beraten.Ganten verlangte angesichts des globalen Wettbewerbs eine Abkehr von dem defensiven Gedanken, in der Forschung möglichst wenig zu kürzen und die Hinwendung zu einem offensiven Vorgehen wie in Japan, nämlich in die Forschung bewußt zu investieren. Hintergrund dieser Aktivitäten ist die Befürchtung, daß die Finanzsenatorin AnnetteFugmann-Heesing jetzt bei den Forschungsinstituten streichen will, nachdem durch die Verträge mit den Hochschulen dort weitere Kürzungen nicht mehr möglich sind.Es wird eine Sparquote von 28 Prozent genannt.Die Senatsverwaltung für Finanzen dementierte gegenüber dem Tagesspiegel eine solch hohe Quote.Auch für die Forschungsinstitute gelte der Grundsatz, daß alle Zuwendungsempfänger in Berlin fünf Prozent ihrer Mittel kürzen sollten.Die Finanzsenatorin erkenne die Bedeutung der Forschungsinstitute an, aber sie könne diese nicht ganz aus der Spardiskussion herausnehmen. Der Regierenden Bürgermeisters erwägt, die Forschungsinstitute in Berlin künftig vor unkalkulierbaren Einsparungen in der Weise abzusichern, daß ihnen über etliche Jahre ein Plafonds an Mitteln garantiert wird, aber im Rahmen dieses Plafonds die Gelder umgeschichtet werden können, sobald ein Forschungsinstitut vom Wissenschaftsrat negativ beurteilt wird.Wann Eberhard Diepgen mit dieser Plafondsidee an die Öffentlichkeit tritt, ist offen.Die Pressesprecherin des Wissenschaftsenators, Kerstin Schneider, sagte hierzu, der Plafonds könne dann spruchreif werden, wenn klar sei, in welchem Umfang der Berliner Anteil an den Kosten der Forschungsinstitute nach Änderung des Finanzierungsschlüssels zwischen Bund und Ländern im Jahr 2000 steigen werde. Aktuell sind die Zahlen für 1998, die Ingolf Hertel am Donnerstag bekanntgab.In ihnen sind mögliche Kürzungen des Berliner Anteils an der Forschungsfinanzierung noch nicht enthalten: Danach werden für die Forschungsinstitute rund eine Mrd.DM veranschlagt, von denen Berlin nur 350 Mill.DM aus seinem Landeshaushalt beisteuern muß.Alles andere kommt vom Bund und den Ländern nach unterschiedlichen Finanzierungsschlüsseln.Im einzelnen entfallen auf die Institute der Blauen Liste 329 Mill.DM Bundes- und Ländermittel gegenüber 155 Mill.DM an Berliner Geldern.Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Max Planck Gesellschaft und die Fraunhofer Gesellschaft geben 289 Mill.DM nach Berlin und belasten den Berliner Haushalt mit 106 Mill.DM, die Großforschungsinstitute erbringen 291 Mill.DM und belasten den Berliner Haushalt mit 30 Mill.DM.Hinzu kommen noch 103 Mill.DM an Drittmitteln für Forschungsprojekte, die ebenfalls nach Berlin fließen. Das DIW hat auf der Grundlage von Zahlen aus dem Jahr 1996 errechnet, Berlin sei im volkswirtschaftlichen Kreislauf Nutznießer der vom Bund und und den anderen Ländern fließenden Forschungsmittel, weil dadurch eine Wertschöpfung von nahezu 680 Mill.DM erzielt wurde.Das DIW hat Kaufkraft und Verbrauch der 6000 in den Instituten beschäftigten Mitarbeitern berechnet, ebenso ihren Beitrag zu Steuern und Sozialabgaben, die unmittelbar der Landeskasse zufließen ­ Ausgangspunkt war eine Summe von damals 800 Mill.DM.

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