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Wirtschaft: Sachsen-Anhalt ist subventionsmüde

Die Wähler in Sachsen-Anhalt haben keine gute Laune.Die Arbeitslosenrate in der Region ist zweimal so hoch wie der Durchschnitt und geschlossene Fabriken ragen bedrohlich über die Städte hinaus - wie zu groß geratene Grabsteine.

Die Wähler in Sachsen-Anhalt haben keine gute Laune.Die Arbeitslosenrate in der Region ist zweimal so hoch wie der Durchschnitt und geschlossene Fabriken ragen bedrohlich über die Städte hinaus - wie zu groß geratene Grabsteine.Hoffnungen, die durch Kanzler Helmut Kohls Versprechen angeregt wurden, daß die gemeinsamen Anstrengungen und Hilfen nach der Wiedervereinigung "blühende Landschaften" hervorbringen würden, sind längst verwelkt.Es ist deshalb vielleicht verständlich, daß Sachsen-Anhalt den Christdemokraten eine große Niederlage bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag beigebracht hat.Was schwieriger zu verstehen ist, ist die Frage, warum Kohl dachte, er könnte die Wut der Wähler dämpfen, indem er die gleiche verfehlte Politik versprach, die erst zu ihrem Unglück beigetragen hatte.Als Wahlkampfhilfe wiederholte der Kanzler nur sein Versprechen, die Probleme in Ostdeutschland dadurch zu lösen, daß weitere Milliarden an staatlicher Hilfe in die Region gepumpt würden.Die Menge, die in der Hoffnung zusammengekommen war, etwas Neues zu hören, antwortete mit wiederholten Rufen: "Hau ab".Wenn man sich auf die Bissigkeit einläßt, endeckt man vielleicht eine Botschaft.Vielleicht versuchen die Wähler in Sachsen-Anhalt zu sagen, daß sie keine weiteren Subventionen möchten, sondern etwas, das mehr Substanz hat.Etwas wie Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Industrie aufmöbeln und die Unternehmen dazu anhalten, mehr Mitarbeiter einzustellen.Für diese Botschaft spricht auch die Tatsache, daß die Wähler ihren Protest nicht dadurch zum Ausdruck brachten, daß sie für die Sozialdemokraten stimmten.Der Kanzlerkandidat der SPD, Gerhard Schröder, machte in Sachsen-Anhalt Versprechungen, die sich fast überhaupt nicht von denen Kohls unterschieden.Die SPD erhielt 36 Prozent der Stimmen, nur eine kleine Verbesserung gegenüber dem vorherigen Ergebnis.Stattdessen sind die Wähler richtig eklig geworden.Die kommunistische Partei PDS hat das übliche Ergebnis erzielt und die rechte, fremdenfeindliche DVU hat am meisten hinzugewonnen.Es war eine erschütternde Protestwahl von einer Region, die voller Groll ist.Es würde Kohl guttun, diesen Groll genau zu betrachten.Es ist nicht schwer, den Ursprung zu finden.Obwohl die östlichen Bundesländer einen Anschub durch die finanziellen Hilfen nach der Wiedervereinigung bekamen, ist das Wirtschaftswachstum hier jetzt sogar geringer als im Westen.Die Arbeitslosenrate beträgt 20 Prozent.Alexei Bayer hat geschrieben, daß viele Ostdeutsche lieber eigene marktorientierte Lösungen für die Probleme ausprobieren würden, als weiterhin auf die Großzügigkeit und die Vorgaben des Westens angewiesen zu sein.Die ostdeutschen Wirtschaftsminister haben etwa angebotsorientierte Reformen, wie die Senkung der Unternehmenssteuern, vorgeschlagen.Sie könnten Unternehmen davon abhalten, den Standort zu verlassen.Viele Firmen haben es geschafft, mehr Mitarbeiter einzustellen, indem sie einfach die hinderlichen Tarifabschlüsse ignoriert haben, die im Westen üblich sind.Kurz gesagt, den Osten mit Zuschüssen zu überhäufen, bringt Deutschland aus der Balance.Kohl ignoriert diese Tatsache auf eigene Gefahr.In fünf Monaten werden die Deutschen vielleicht nach jemand anderem als Kohl suchen, um die Probleme zu lösen.

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