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Wirtschaft: Salzgitter könnte attraktiv werden

Alle Welt redet nur über die Fusion von Thyssen Krupp als der Stahlehe.Was für die einzelnen Unternehmen Thyssen und Krupp schon lange nicht mehr galt, daß sie nämlich lupenreine Stahlunternehmen waren, das hat auch für den fusionierten Konzern Thyssen Krupp Gültigkeit.

Alle Welt redet nur über die Fusion von Thyssen Krupp als der Stahlehe.Was für die einzelnen Unternehmen Thyssen und Krupp schon lange nicht mehr galt, daß sie nämlich lupenreine Stahlunternehmen waren, das hat auch für den fusionierten Konzern Thyssen Krupp Gültigkeit.Der Bereich Stahl trägt zum Gesamtumsatz von 67 Mrd.DM mit 22 Mrd.DM weniger als ein Drittel bei.Dazu kommen allerdings noch die Stahlverarbeitung und der Stahlhandel.Von den 175 000 Mitarbeitern des Mischkonzerns arbeiten noch 59 000 an Hochofen und Walzstraße.

Somit bleibt in Deutschland nur eine lupenreine Stahlaktie übrig.Aber wie lange diese Aussage auf die Hannoveraner Salzgitter AG noch zutrifft, dürfte bald beantwortet werden.Denn die Luxemburger Arbed hat ein Auge auf Salzgitter geworfen und würde damit - gemessen an der Rohstahlproduktion - zum größten Hersteller in Europa aufsteigen.

Die Stahlindustrie ist eine zyklischen Schwankungen stark unterworfene Branche.Heute kontrollieren vier Große mehr als 50 Prozent der Produktion - Usinor, Thyssen Krupp, British Steel und Arbed.Wegen der Zyklizität führt die Branche an den Börsen ein Aschenputtel-Dasein.Die Analysten finden zu dieser Industrie keinen richtigen Zugang, wie Dieter Kroll, der Betriebsratsvorsitzende von Thyssen Krupp vor zwei Wochen auf der konstituierenden Sitzung monierte: "Nein, heißt es wie in einer tibetanischen Gebetsmühle, Stahlgeschäft und zu hoher Anteil reiner industrieller Produktion sind nicht anlageattraktiv.Als ob wir Relikte aus alter Zeit wären."

Nachdem 1997 ein gutes Mengenjahr war und 1998 bis auf das letzte Quartal immer noch gute Ergebnisse brachte, wird das laufende Jahr von Branchenkennern pessimistischer beurteilt.Für Europa schätzt die EU-Kommission, daß die Stahlbranche zunehmend unter Druck gerät.Insgesamt wird damit gerechnet, daß die Rohstahlproduktion um 2,5 Prozent auf 157 Mill.Tonnen zurückgeht, wobei allerdings die Kapazitätsauslastung noch einigermaßen zufriedenstellend ausfallen dürfte.

Ganz im Gegensatz zu dieser offiziellen Einschätzung in Europa stellt sich die Situation in den USA dar, wo ein spürbarer Anstieg der Nachfrage, eine Verbesserung der Kapazitätsauslastung und schon im zweiten Quartal eine Anhebung der stark geschwächten Preise prognostiziert werden.Das größte US-Investmenthaus, Merrill Lynch, hat daraufhin Stahl-Aktien wie U.S.Steel, Allegheny Teledyne, LTV, AK Steel und Nucor zum Kauf empfohlen.

Soweit sind die europäischen Analysten nicht.Die Experten bei der britischen Salomon Smith Barney haben aber mittlerweile auch umgeschaltet.Lautete ihr Branchenurteil noch Ende des vergangenen Jahres "underperform", so bleiben sie seit Januar auf "neutral".Denn Wertsteigerung sei erreichbar.Vom September an und besonders im vierten Quartal 1999 erwarten sie deutliche Fortschritte.Neben einigen Vorteilen sehen die Londoner Analysten aber auch Gefahren für den Stahlmarkt.So seien die Lager zu voll, der Abbau dauere bis zu fünf Monate; es bestehe die Gefahr höherer Einfuhren aus Brasilien und Japan und es sei die Mengenprognose nicht mehr so günstig, weil die Entwicklungen der deutschen Automobilindustrie und der europäischen Konjunktur schlechter beurteilt würden.

Unter den europäischen Unternehmen werden Aceralia, Arbed, Avesta Sheffield, Böhler-Uddeholm, Rauttaruuki und VA Stahl als "outperformer" (besser als der Markt) eingestuft.Für die deutschen Unternehmen Salzgitter und Thyssen Krupp bleibt es bei "neutral".Beim neuen Unternehmen sind sich die Analysten offensichtlich noch nicht einig, ob sie es weiterhin als Stahlaktie bewerten wollen.Die beiden Einzelaktien wurden als zu teuer bewertet, um sie zum Kauf zu empfehlen.Bei Salzgitter sind die Auguren vorsichtig optimistisch.Eine Übernahme könnte eine positive Nachricht für den Konzentrationsprozeß in der Branche werden.Aber andererseits wird darauf hingewiesen, daß einmal nur Arbed im Ring steht und zum anderen der staatliche Eigentümer sich nicht ganz zurückziehen will.Salzgitter könnte aber unter spekulativen Gesichtspunkten attraktiv sein.

Wenn die luxemburgische Arbed den Zuschlag bei Salzgitter erhält, wird die Aktie als sehr positiv angesehen.Sollte es allerdings nur zu einer Minderheitsbeteiligung kommen, dann sollte der Markt skeptisch bleiben, weil Arbed zu viele Minderheitsbeteiligungen besitze.Bei British Steel sind die Analysten auf neutral eingestellt, weil der Verbrauch in Großbritannien deutlich zurückgehen dürfte.

ERWIN SCHNEIDER (HB)

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