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Wirtschaft: Sanierung von Karstadt-Quelle auf der Kippe

Hauptversammlung beschließt Kapitalerhöhung, aber mehrere Aktionäre legen Widerspruch ein – Konzern warnt vor Insolvenz

Düsseldorf - Die geplante Kapitalerhöhung bereitet Karstadt-Quelle größere Probleme als gedacht. Mehrere Aktionäre legten auf der Hauptversammlung des Konzerns am Montag überraschend notariellen Widerspruch gegen die Kapitalerhöhung von 500 Millionen Euro ein. „Wenn die Kapitalerhöhung blockiert wird, droht der Gesellschaft die Insolvenz“, warnte Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff. Doch die betroffenen Aktionäre zogen den Widerspruch auch nicht zurück, nachdem am Abend die Hauptversammlung die Erhöhung mit überwältigender Mehrheit beschloss. Sie drohen weiterhin mit Anfechtungsklagen, die den Terminplan und so die Sanierung des Konzerns gefährden können ( siehe Kasten ).

Experten kritisierten das Auftreten Middelhoffs. „Sollte der Widerspruch den Aufsichtsrat tatsächlich überrascht haben, muss er sich grobe Versäumnisse vorwerfen lassen“, sagte Klaus Schneider, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Darauf hätte man vorbereitet sein müssen.“ Die Warnung vor der Insolvenz bezeichnete Schneider als „psychologische Kriegsführung“.

Ein Karstadt-Quelle-Sprecher erklärte, die 16 Gläubigerbanken des Konzerns würden die Transaktion platzen lassen, wenn der Widerspruch der Aktionäre bestehen bleibe. Damit die Kapitalerhöhung noch in diesem Jahr stattfinden könne, müsse der Verkaufsprospekt bis Ende November von der Börse gebilligt werden. „Die Banken werden mit der Platzierung der Aktien nicht beginnen, wenn es die Möglichkeit von Anfechtungsklagen gibt“, so der Sprecher.

Außerdem hängt die Verlängerung der Kredite, die die Banken vor kurzem zugestanden haben, an der erfolgreichen Kapitalerhöhung.Bislang war Karstadt-Quelle offenbar davon ausgegangen, dass alle Aktionäre einer Kapitalerhöhung zustimmen werden. Zumal die Hauptanteilseigner, Madeleine Schickedanz und der Versicherungskonzern Allianz, bereits zugesichert hatten, sich mit insgesamt rund 280 Millionen Euro daran zu beteiligen, sagte Konzernchef Christoph Achenbach. Das frische Geld benötigt Karstadt-Quelle dringend. Derzeit liege die Eigenkapitalquote bei „knapp einem Prozent“, erklärte Finanzvorstand Harald Pinger. Nach der Kapitalerhöhung wären es sieben Prozent. 93 Millionen neue Aktien sollen ausgegeben werden. Die Bezugsfrist für die neuen Aktien soll vom 30. November bis zum 13. Dezember dauern.

Auf der Hauptversammlung musste Konzernchef Achenbach seine Gewinnerwartungen für das kommende Jahr revidieren. Statt eines deutlich positiven operativen Ergebnisses vor Steuern und Abschreibungen ist jetzt für 2005 nur noch eine schwarze Null drin. Der Grund: Der vorgesehene Verkauf von Immobilien und Beteiligungen läuft nicht wie erwartet. Die Preisangebote seien noch zu niedrig, erklärte Achenbach.

Trennen konnte sich Karstadt-Quelle bisher nur von seinem Engagement bei der Kaffeehauskette Starbucks. Die 82-prozentige Beteiligung an den 37 deutschen Filialen ging zurück an die US-Amerikaner.

Die auf der Hauptversammlung anwesenden Kleinaktionäre kritisierten die Konditionen der Kapitalerhöhung. „Wir werden zu Marionetten von Unternehmensführung und Banken degradiert“, sagte Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Konzernchef Achenbach verteidigte das Sanierungsprogramm. Die Kapitalerhöhung sei „elementarer“ Teil des Konzepts, mit dem der Konzern im kommenden Jahr die Wende schaffen wolle. 2006 will Karstadt-Quelle einen Überschuss von 241 Millionen Euro erzielen und dann auch eine Dividende zahlen. mit rtr/mot/dro

JUNI 2004

Christoph Achenbach wird Vorstandsvorsitzender .

SEPTEMBER

Achenbach legt einen Sanierungsplan vor: Der Verkauf von Konzernteilen soll insgesamt 1,1 Milliarden Euro einbringen.

OKTOBER

Verdi, Betriebsrat und Vorstand einigen sich:

Die Mitarbeiter müssen auf Geld verzichten, 5700 Jobs sollen gestrichen, 300 Fachgeschäfte sowie 77 kleinere Karstadthäuser verkauft werden.

NOVEMBER

Die Banken verlängern die Kredite in Höhe von 1,75 Milliarden Euro auf drei Jahre. dro

Tobias Symanski

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