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Wirtschaft: SAP wechselt die Strategie

Deutschlands größter Softwarekonzern kündigt eine Übernahme für 4,8 Milliarden Euro an. Die Aktie stürzt ab

Berlin - Deutschlands größter Softwarekonzern ändert seine Strategie radikal. Statt wie bisher vor allem aus eigener Kraft zu wachsen, kauft SAP jetzt in großem Stil zu. Für mehr als 4,8 Milliarden Euro will der Walldorfer Konzern die französische Softwarefirma Business Objects übernehmen. Das ist die größte Übernahme in der Firmengeschichte von SAP. Konzern-Chef Henning Kagermann allerdings stritt ab, dass das Unternehmen damit ganz neue Wege geht. Die Akquisition spiegele die angekündigte Strategie wider, „das Marktpotenzial bis 2010 zu verdoppeln“, sagte er. Die Übernahme bringe zwei Marktführer in sich ergänzenden Bereichen zusammen. Ab 2009 soll sich die Akquisition für SAP auszahlen.

Die Börse reagierte negativ: Die Aktie verlor am Montag zeitweise mehr als sechs Prozent und schloss bei 39,95 Euro noch vier Prozent im Minus. Viele Analysten hielten den Kaufpreis, den SAP zur Hälfte in bar bezahlen will, für überhöht. Hinzu kam: „Die Ankündigung kam völlig überraschend“, sagte Theo Kitz vom Bankhaus Merck-Fink. Gebetsmühlenartig habe Kagermann immer wieder – zuletzt vor zwei Wochen in einem Interview – betont, organisch wachsen und allenfalls mit kleineren Investitionen technologische Lücken schließen zu wollen. „Kagermann ist bei den Investoren hoch angesehen – und dann kommt so etwas. Das hat die Anleger kalt erwischt“, sagte Kitz.

SAP ist weltweit Marktführer im Bereich von Software zur Steuerung von Unternehmensprozessen. Business Objects (BO) gilt als Pionier im Bereich der Business Intelligence. Die Produkte von BO helfen Top-Managern, die im Unternehmen verstreut vorhandenen Daten zusammenzuführen und so aufzubereiten, dass auf Basis dieser Analyse Entscheidungen getroffen werden können.

Mit dem Strategiewechsel schwenkt SAP auf die Linie seines ärgsten Konkurrenten Oracle ein. Bisher hatte SAP nie mehr als 400 Millionen Dollar für einen Zukauf auf den Tisch gelegt. Der US-Konzern Oracle dagegen hatte in den vergangenen Jahren rund 20 Milliarden Dollar für Übernahmen ausgegeben – zuletzt 3,3 Milliarden Dollar für den kleineren BO-Konkurrenten Hyperion.

SAP will 42 Euro in bar pro Aktie für Business Objects zahlen. „Der Preis ist sehr hoch, zumal das Geschäft schwach läuft“, sagte Analyst Marco Zeidler von Sal. Oppenheim. BO hatte noch am Sonntag eine Gewinnwarnung für das dritte Quartal herausgegeben. Zuvor hatte die BO-Aktie in den vergangenen sechs Monaten jedoch 30 Prozent zugelegt. Da SAP nun noch einen Aufschlag zahle, werde die BO-Aktie damit sogar relativ höher bewertet als die von SAP. Der Zukauf ist in Zeidlers Augen ein Eingeständnis SAPs, das angekündigte Wachstum nicht aus eigener Kraft zu erreichen. SAP brauche entgegen den eigenen Aussagen einen starken Partner, um die neue Mittelstandssoftware zu verkaufen. „Die Partner von BO sollen wohl dazu animiert werden, das neue Produkt von SAP zu vertreiben“, sagte Zeidler. Das bestritt Kagermann auf einer Pressekonferenz. Vielmehr stärke sich SAP mit dem Kauf in einem rasant wachsenden Geschäftsfeld. Auch weitere Übernahmen schloss er nicht aus.

Analyst Zeidler stufte die Aktie von SAP von „kaufen“ auf „halten“ herunter. „Derzeit kann ich keinem Anleger raten, sein Geld in SAP zu investieren. Es gibt zu viele Unsicherheiten.“ So habe SAP etwa keine Erfahrung mit derart großen Übernahmen, zudem könne der Konkurrent Oracle ein Gegenangebot machen und damit den Preis für BO weiter in die Höhe treiben. „Ich sehe im Moment keinen Treiber, der den SAP-Kurs nach oben bringen könnte“, sagte Zeidler. So sieht das auch Analyst Kitz. „Die Anleger sind offenbar nicht bereit, bis 2009 zu warten, bis die Übernahme Gewinn bringt.“

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