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Satellit: Boeing greift nach Galileo

Die Amerikaner wollen eine Neuausschreibung nutzen: Das europäische Navigationssystem Galileo soll Industrieaufträge sichern. Ein Druckmittel dabei ist der US-Auftrag für Lufttanker an EADS.

Die Neuausschreibung des europäischen Navigationssystems Galileo wird zur Bieterschlacht der Satellitenhersteller. Neben der deutschen EADS- Tochter Astrium und dem Bremer Technologiekonzern OHB plant auch Boeing ein Angebot. „Boeing ist in laufende Gespräche im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung am Galileo-Projekt involviert“, sagte eine Sprecherin des US-Konzerns dem „Handelsblatt“.

Branchenkreise gehen davon aus, dass die Amerikaner Ende des Monats ebenso wie die deutschen Konkurrenten eine Interessenbekundung bei der EU einreichen werden; ein konkretes Angebot dürfte folgen. Die Kommission schreibt das Projekt neu aus, nachdem der Aufbau über ein europäisches Industriekonsortium unter Beteiligung von EADS im Vorjahr gescheitertet war. Der Bau der 26 Positionssatelliten macht ungefähr ein Drittel des Gesamtetats von bislang 3,4 Milliarden Euro aus. 2013 soll das System den Europäern neben GPS eine eigene Satellitennavigation ermöglichen.

Die EADS-Tochter Astrium gibt sich kämpferisch. Astrium habe seine Fähigkeiten bei der laufenden Entwicklungsphase von Galileo unter Beweis gestellt, sagt Astrium-Manager Reinhold Lutz. „Potenzielle Wettbewerber müssten die Entwicklungskosten der Satelliten und die resultierenden Mehrkosten für das Bodensegment und den Betrieb mitfinanzieren, das dürften 70 bis 100 Millionen Euro sein“, betont Lutz. „Wir glauben, dass wir mit 950 Millionen Euro für das Satellitensegment in etwa hinkommen.“

„Wettbewerb wird die Kosten für Galileo drücken“, sagt Marco Fuchs, Chef des OHB-Konzerns. Die Bremer wollen gemeinsam mit dem britischen Satellitenspezialisten Surrey für den Auftrag bieten. Die Attacke des deutschen Konkurrenten konterte Astrium im April mit dem Kauf von Surrey. Trotz des Eigentümerwechsels will Fuchs mit den Briten ein Angebot vorlegen. „Ich gehe davon aus, dass die EU zwei Anbieter haben will. Die Amerikaner verfahren bei GPS genauso.“

Das aus Sicht der Kommission wichtigste Infrastrukturprojekt der EU wird der Industrie jahrzehntelang Aufträge sichern. So müssen alle zehn bis zwölf Jahre die Positionssatelliten ausgetauscht und nachgerüstet werden. Im gescheiterten ersten Anlauf für den Galileo-Aufbau hatte sich Astrium diesen Auftrag alleine gesichert. Mit dem französischen Rivalen Thales gab es eine einfache Aufteilung: Die Franzosen übernehmen die Bodeninfrastruktur, die Deutschen bauen die Satelliten. Die Neuausschreibung durchkreuzt diesen Plan: Das EU-Verfahren ist streng an das Wettbewerbsrecht gebunden.

Die Amerikaner können auf Gleichbehandlung pochen: Vor wenigen Wochen setzte sich die EADS-Tochter Airbus gemeinsam mit Northrop Grumman in den USA bei einem Auftrag für Tankflugzeuge gegen Boeing durch. Der Auftrag über 40 Milliarden Dollar ist für EADS die Eintrittskarte in den US-Markt. (Tsp/HB)

Markus Fasse

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