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Wirtschaft: Schalke: null Punkte

Eigentlich wollten wir noch mal durch die Papiere gehen vor dem Geschäftsessen, deswegen klopft mein Partner Nabil eine halbe Stunde vorher an meine Hotelzimmertür. „Komm rein“, sage ich und zeige auf den Fernseher, „da läuft gerade der vorletzte Spieltag der Bundesliga – sehr spannend!

Eigentlich wollten wir noch mal durch die Papiere gehen vor dem Geschäftsessen, deswegen klopft mein Partner Nabil eine halbe Stunde vorher an meine Hotelzimmertür. „Komm rein“, sage ich und zeige auf den Fernseher, „da läuft gerade der vorletzte Spieltag der Bundesliga – sehr spannend!“ Nabil, ein Fußballmann, setzt sich auf die Bettkante und stellt drei, vier schnelle Fragen: „Wer spielt? Wie steht es? Wer braucht wie viele Punkte?“ Ich schildere das Drama: Schalke muss siegen, Bremen auch, Stuttgart darf Punkte abgeben, wenn die anderen verlieren.

Leider: Kurz bevor die „Sportschau“ uns die Endergebnisse liefert, müssen wir zum Restaurant. Nach dem Essen fragt Nabil: „Na, noch einen Absacker?“ – „Nein, lass uns lieber gucken, wie Fußball ausgegangen ist!“ Schon sitzt Nabil wieder auf meiner Bettkante. Der Videotext geht nicht, also schauen wir bis zu den nächsten Nachrichten ein anderes Drama: Den Eurovision Song Contest. „Ach, ja“, sagt Nabil, „davon habe ich gehört: Die besten aus allen Ländern singen um die Wette!“ – „Na ja“, schränke ich in ein, „sagen wir mal, da singen welche um die Wette ...“

Nabil stellt zwei, drei schnelle Fragen, vor allem: Wer bestimmt den Sieger? Dass das Publikum per Telefon und SMS abstimmt, freut Nabil für mich mit: „Dann liegt ihr Deutschen ja ganz weit vorne – ihr habt ja so viele Einwohner!“ Die Erklärung, dass in den jeweiligen Ländern nicht für den eigenen Interpreten gestimmt werden könne, trübt seine Laune nur kurz. „Aber ihr habt ja so viele Nachbarländer – da könnt ihr ja schnell über die Grenze und da abstimmen!“ Wie als Beweis für seine Theorie erhält die Türkei gerade einen Haufen Punkte von Bulgarien. „Siehst du! Die sind sich doch sonst nicht grün! Da rufen doch Türken an!“ Immer wieder das gleiche Spiel: Hohe Punkte aus dem Nachbarland – nur Roger Cicero kriegt kaum Stimmen.

Nabil schüttelt den Kopf, erst bei der „Tagesschau“ ist sein Weltbild wieder in Ordnung: Die vermeldet null Punkte für Schalke und weiter Spannung in der Liga. An der Tür sagt Nabil zum Abschied: „Zum Glück wird eure Fußballmeisterschaft nicht per Telefon bestimmt.“

Der Autor (45) betreibt eine Medienfirma in Dubai und lebt abwechselnd dort und in Berlin

ein Geschäftsmann

aus Berlin, erzählt von Arabien

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