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Wirtschaft: Scharfe Aktionärskritik am Vorstand

FRANKFURT (MAIN) (ro).Heftige Schelte für den alten Vorstand und den derzeitigen Aufsichtsrat, Lob für den neuen Vorstandschef, aber keine Tumulte: Die mit Spannung erwartete Hauptversammlung des Baukonzerns Philipp Holzmann verlief am Montag in ruhigen Bahnen.

FRANKFURT (MAIN) (ro).Heftige Schelte für den alten Vorstand und den derzeitigen Aufsichtsrat, Lob für den neuen Vorstandschef, aber keine Tumulte: Die mit Spannung erwartete Hauptversammlung des Baukonzerns Philipp Holzmann verlief am Montag in ruhigen Bahnen.Mehr noch: Vorstandschef Heinrich Binder konnte den Aktionären von einem positiven Trend berichten."Die Zahlen für das erste Halbjahr 1998 dokumentieren, daß Philipp Holzmann von dem erfolgreichen Turnaround zu einem positiven Ergebnis übergeht".Für das gesamte Jahr erwartet Binder einen leichten Gewinn, nachdem das Unternehmen 1997 mit 770 Mill.DM in die roten Zahlen gerutscht war.

In den ersten sechs Monaten kletterte der Auftragseingang bei Holzmann um gut elf Prozent auf 6,2 Mrd.DM.Vor allem im Ausland konnte der Baukonzern zulegen, in den USA gab es ein Plus von 51 Prozent.Die Bauleistung allerdings sank um fast sieben Prozent auf 6,1 Mrd.DM, im Inland verzeichnete man ein deutliches Minus.Der Auftragsbestand lag mit 13,6 Mrd.DM zehn Prozent unter dem Niveau des ersten Halbjahres 1997.

Nicht nur deshalb lobten Aktionäre den seit September 1997 amtierenden Vorstandschef.Binder habe auch die Fehler der Vergangenheit offengelegt.Dagegen attaêkierten die Aktionäre angesichts der von 1994 bis Ende 1997 eingefahrenen Verluste in Höhe von drei bis vier Mrd.DM den alten Vorstand, aber auch den amtierenden Aufsichtsrat mit Deutsche Bank-Vorstandsmitglied Carl von Boehm-Bezing an der Spitze.Gezielte Desinformation hielt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) dem früheren Holzmann-Chef Lothar Mayer vor.Dem Aufsichtsrat warf er vor, sich zu sehr auf den Optimismus von Mayer verlassen zu haben oder schlicht seine Kontrollfunktion nicht ernst genommen zu haben.Der Aufsichtsrat, so Nieding, hätte erkennen müssen, "daß bei Holzmann ein allzu großes Rad gedreht wurde".Einer Entlastung des Aufsichtsrates könne man daher nicht zustimmen.Mit Blick auf den alten Vorstand verlangt die DSW eine Sonderprüfung, um die Frage einer möglichen Schadensersatzpflicht zu prüfen.Es müsse auch geklärt werden, ob sich der alte Vorstand persönlich bereichert und sich strafbar gemacht habe.Angeblich soll Holzmann durch bislang unbekannte Skandale 100 Mill.DM verloren haben.Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft solle Holzmann auswechseln, so die DSW, die beauftragte KPMG habe die Versäumnisse des Managements nicht erkannt.

Zumindest das Projektgeschäft, das in erster Linie für die Milliarden-Verluste verantwortlich ist, läßt der Aufsichtsrat derzeit durchleuchten.Bis Jahresende soll der Bericht vorliegen."Wir lassen die Dinge sehr genau durchforsten", betont Aufsichtsratschef Boehm-Bezing.Er wies die Vorwürfe zurück.Der frühere Vorstand habe den Aufsichtsrat über wichtige Vorhaben im Dunkeln gelassen.

Für Vorstandschef Binder ist die Vergangenheit abgehakt.Am Sanierungserfolg gebe es keinen Zweifel.Im Baugeschäft sollen künftig die Risiken besser gemanagt werden, im Projektgeschäft werden die Aktivitäten zurückgeführt, das verlustreiche Engagement in Thailand und in Frankreich wird bis Anfang 1999 beendet.Der zweite Schritt ist eine strategische Neuausrichtung: Binder will die Bau-Dienstleistungen wie Planung, Finanzierung und Betrieb ausbauen.Der für den Herbst geplanten Kapitalerhöhung und der Begebung einer Wandelanleihe stimmten die Aktionäre zu: Dadurch sollen Holzmann 700 Mill.DM zufließen.

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