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Wirtschaft: Schienenbranche spottet über Stolpe

Verband: Minister erreicht nur Kürzungen Planungsstopps kosten Deutsche Bahn Millionen

Berlin - Schienenunternehmen und Lobbyverbände haben die Verkehrspolitik der Bundesregierung massiv kritisiert und einen Kurswechsel verlangt. Statt der versprochenen Stärkung der Eisenbahn drohten drastische Kürzungen bei den Investitionen in das Gleisnetz, rügte Norbert Hansen, Vorsitzender des Verbandes „Allianz pro Schiene“, am Dienstag in Berlin. Bei den Chefgesprächen zum Haushalt 2005 sollten Verkehrsminister Manfred Stolpe und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) die beabsichtigten Kürzungen rückgängig machen, schlug er vor. Die „Allianz pro Schiene“ ist ein Zusammenschluss von Verbänden und Unternehmen der Branche.

Von dem Geld, das für Neu- und Ausbau der Schienen vorgesehen ist, „kann die Bahn gerade mal ein paar Signalanlagen bauen“, sagte Hansen, der auch Vorsitzender der Bahn-Gewerkschaft Transnet ist. Stolpe sei offenbar nicht mehr daran interessiert, Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Investitionsmittel für die Schiene von 3,5 Milliarden Euro in diesem Jahr bis auf 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2008 sinken. Davon braucht die Bahn aber nach eigenen Angaben schon 2,5 Milliarden Euro, um das bestehende Gleisnetz in Gang zu halten. Daher könnten ab nun nur noch „Unzulänglichkeiten verwaltet werden“.

„Das Einzige, womit der Verkehrsminister in Erscheinung tritt, ist das drastische Zusammenstreichen der Schieneninvestitionen“, resümierte Hansen. In den Verhandlungen mit Eichel habe er wenig erreicht für die Schiene: „Nach jedem Gespräch mit Eichel kommt Stolpe mit weniger Geld zurück.“ Der Minister setze sich zu sehr für das Wohl des Flugverkehrs ein, nicht aber für die Beseitigung der Wettbewerbsnachteile der Bahn. Den Rücktritt des Ministers wollte Hansen aber ausdrücklich nicht fordern.

Der Gewerkschafter zeigte sich auch verärgert, dass von einer vor zwei Jahren angekündigten Mobilitätsoffensive nicht viel übrig geblieben sei. Mit Ausnahme der Gleisanschlussförderung für Unternehmen habe Rot-Grün noch nichts von den Maßnahmen zur Stärkung der Schiene umgesetzt, die im Koalitionsvertrag angekündigt seien, sagte Hansen.

Allianz-pro-Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege warnte, Deutschland könne im europäischen Vergleich Schlusslicht bei Verkehrsinvestitionen werden. Hier zu Lande sollten in den nächsten Jahren nur 37 Euro pro Einwohner jährlich in die Schiene investiert werden. Dagegen liege dieser Wert in Frankreich bei 58 und in Österreich sogar bei 133 Euro.

Die Kürzung der Investitionsmittel für die Schiene führt unterdessen zu Mehrkosten für die Deutsche Bahn. Durch die Verschiebung oder die komplette Streichung von Projekten entstehe dem Unternehmen ein Schaden in Millionenhöhe, erfuhr der Tagesspiegel aus Bahnkreisen. Bau- und Planungsfirmen etwa forderten ihnen vertraglich zustehendes Honorar. Zahlreiche Strecken seien sogar vergeblich geplant worden, nun fehle das Geld für die Umsetzung. Später fertiggestellt wird etwa die ICE-Verbindung Nürnberg-Erfurt. Die genaue Schadenssumme hänge ab von den Verhandlungen zwischen Bund und Bahn. Diese liefen derzeit noch, ein Ende sei nicht absehbar, hieß es.

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