zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Schienenfahrzeuge von der Stange

Adtranz möchte mit standardisierten Produkten wieder Gewinne einfahren / 1998 Profit angestrebt OSLO (jojo).Mit sieben standardisierten Produktfamilien will sich Adtranz, der weltweit größte Schienenfahrzeugkonzern, im härter werdenden Wettbewerb behaupten.

Adtranz möchte mit standardisierten Produkten wieder Gewinne einfahren / 1998 Profit angestrebt OSLO (jojo).Mit sieben standardisierten Produktfamilien will sich Adtranz, der weltweit größte Schienenfahrzeugkonzern, im härter werdenden Wettbewerb behaupten.Die Kunden sollen ähnlich wie im Automobilbau unter Grundausführungen wählen können, für die sie eine individuelle Ausstattung aussuchen.In den vergangenen 18 Monaten hat das Gemeinschaftsunternehmen von ABB und Daimler-Benz dafür rund 400 Mill.DM investiert.In Oslo zeigte sich Konzernchef Kaare Vagner vor Journalisten überzeugt, daß Adtranz "auf dem richtigen Weg" sei.Mit der neuen Strategie will Vagner 1998 in die schwarzen Zahlen zurückkehren.Der Auftragseingang sei 1997 um ein Viertel auf umgerechnet rund 7,3 Mrd.DM geklettert, nach 6 Mrd.DM im Vorjahr.Der Umsatz stieg um sieben Prozent auf rund 6,5 Mrd.DM (6 Mrd.DM).Im vierten Quartal des vergangenen Jahres habe der Umsatz - vor allem in Deutschland - kräftig angezogen.Die Zahl der Beschäftigten fiel gleichzeitig um 1200 auf 25 000.Hauptbetroffene waren die Adtranz-Mitarbeiter in Deutschland.Auf Adtranz-Deutschland entfällt rund ein Drittel des gesamten Konzern-Umsatzes.Die deutsche Tochter war allerdings auch maßgeblich für den Adtranz-Verlust im vergangenen Jahr verantwortlich.Nach einem Vorsteuergewinn von umgerechnet 40 Mill.DM im Jahr 1996 fuhr das Unternehmen in seinem zweiten Geschäftsjahr ein Minus von 380 Mill.DM ein.Der Druck, den profitable Auslandsgesellschaften auf Deutschland ausübten, werde deshalb größer, hieß es von Adtranz-Mitarbeitern.An zehn Standorten beschäftigt Adtranz in Deutschland rund 7600 Beschäftigte.Bis zum Jahr 2000 sollen 1800 Stellen abgebaut werden.Wieviele Jobs in den beiden Werken der Region Berlin-Brandenburg wegfallen, ist weiter offen.Wegen der gegenwärtig guten Auftragslage sei noch keine Entscheidung gefallen, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung von Adtranz Deutschland, Rolf Eckrodt.Hennigsdorf ist mit 3300 Beschäftigten der größte Adtranz-Standort, in Pankow sind in einem hochmodernen Werk rund 300 Menschen beschäftigt.Beide Werke sind aber nicht voll ausgestattet und könnten wesentlich mehr produzieren.Mit der in Oslo gestarteten Produktoffensive hofft Adtranz, die Kosten um bis zu 30 Prozent zu senken.Mit der Einführung der Produktplattformen werde eine Entwicklung aus der Autobranche übernommen, so Forschungsvorstand Joachim Gaissert.Bislang sei es üblich gewesen, auf den Kunden zugeschnittene Fahrzeuge zu bauen.Damit sei ein Verkauf an andere Nutzer nahezu ausgeschlossen gewesen.In Zukunft würden standardisierte Produkte angeboten, die nach Bedarf aufgerüstet werden können.Für Adtranz bedeute dies, daß eigene Kapazitäten abgebaut und Zulieferer verstärkt eingebunden würden.Bislang hatte Adtranz weltweit 18 000 Zulieferer.Künftig sollen es nur noch zwei bis drei pro System sein."Es wird einfacher sein, in der ganzen Welt zu fertigen", so Oliver Schmidt, Koordinator für die Straßenbahnentwicklung im Konzern.Die Bahnen könnten von allen Adtranz-Werken weltweit gebaut werden.Es sei sogar möglich, Fahrzeuge außerhalb der eigenen Fabriken zusammenzusetzen.Die Namen potentieller Partner wollte Adtranz allerdings noch nicht nennen.Sieben Produktlinien werden sich künftig in den Adtranz-Prospekten finden.Einzelne Kompetenzcenter sind dabei für die Entwicklung der verschiedenen Produkte und Systeme verantwortlich.In Deutschland genießen Nürnberg, Kassel und Siegen eine herausgehobene Stellung.Forschung und Entwicklung sind jedoch über die gesamte Welt verteilt, so daß auch Hennigsdorf von der neuen Strategie profitieren kann.Nürnberg ist als traditioneller Fertigungsort von Straßenbahnen für die Stadtbahnwagen-Entwicklung zuständig.Unter dem Namen Incentro entsteht dort eine neue Niederflurstraßenbahn.Durch intensive Forschung vor der Auslieferung sollen Schwierigkeiten vermieden werden, wie sie in Berlin bei der Einführung der neuen Niederflurwagen aufgetreten waren: Die Straßenbahnen sprangen zunächst aus den Gleisen und die Fertigung mußte kurzfristig von Hennigsdorf nach Nürnberg verlagert werden.Derzeit hat Adtranz 500 Triebzüge für die Berliner S-Bahn, sowie 50 U-Bahn-Fahrzeuge und 30 Straßenbahnen für die BVG in ihren Auftragsbüchern.Über den Straßenbahnbau hinaus beinhalten die Produktplattformen den Lokalverkehr, sogenannte People Mover, wie sie beispielsweise am Frankfurter Flughafen eingesetzt werden, eine U-Bahn, Regionalverkehrseinheiten, einen Intercity, elektrische Lokomotiven sowie Dieselloks.Vor der Presse kündigte Adtranz in Oslo ferner eine zweijährige Testphase des Hochgeschwindigkeitszuges X 2000 in China an.Von Mai an soll der neue Zug die Route Guangzhou-Shenzhen-Hongkong bedienen.In Hongkong liefert Adtranz bereits die Züge für die Verbindung zwischen dem neuen Flughafen und der Innenstadt.Adtranz ist neben Siemens und GEC Alsthom einer der weltweit führenden Schienenverkehrskonzerne.Das Unternehmen gehört zu gleichen Teilen ABB und Daimler Benz.Gerüchte, wonach Daimler die Anteile von ABB übernehmen wolle, wurden in Oslo nicht bestätigt.Es wurde aber deutlich, daß in die Gesellschafterstruktur in den kommenden Jahren Bewegung kommen könnte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false