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Wirtschaft: Schlacht um den Gemeindesteuertopf

Die geplante Reform der Kommunalfinanzen setzt die Umverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu in Gang

Düsseldorf (ke/HB). Kurz vor der an diesem Dienstag anstehenden Kabinettsentscheidung zur Gemeindefinanzreform ist die Schlacht um die Steuergelder in vollem Gange. Bund, Länder und Kommunen streiten darum, wer sich in welcher Höhe aus welchen Töpfen bedienen kann.

Dabei kämpft der Bund gegen Länder und Kommunen – und zwar mit unfairen Mitteln, meint die Innenministerin des Saarlandes, Annegret KrampKarrenbauer. „Den Kommunen wird ein Geschäft zu Lasten Dritter vorgeschlagen“, sagt die CDU-Politikerin. „Ein Geschäft zu Lasten der Länder.“ Auch die unionsgeführten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen sorgen sich um ihre Haushalte. Und selbst im rot-grünen Nordrhein-Westfalen stellt Ministerpräsident Peer Steinbrück Bundesfinanzminister Hans Eichel (beide SPD) unangenehme Fragen: „Welche zusätzlichen Verluste entstehen für die Landeskassen?“ Noch sind keine genauen Zahlen bekannt, aber eins ist schon gewiss: Die Länder müssen bluten. Was die Landespolitiker so erregt, sind zum einen die finanziellen Auswirkungen der von der Regierung geplanten Gemeinde-Wirtschaftsteuer. Zwar soll diese umgebaute Gewerbesteuer den Kommunen 2,5 Milliarden Euro einbringen. Aber auf Kosten der Einkommen- und Körperschaftsteuer – und deren Aufkommen steht nahezu hälftig den Ländern zu.

Grund ist, dass die Einbeziehung der Freiberufler in die neue Gewerbesteuer zwar bei den Kommunen zu Einnahmenzuwächsen führt. Finanzminister Eichel geht von gut 4,72 Milliarden Euro (im Entstehungsjahr) aus. Da die Freiberufler die neue Steuer jedoch mit der Einkommensteuer verrechnen dürfen, verringert sich deren Aufkommen zugleich um 3,94 Milliarden Euro. Hinzu kommt die Heraufsetzung der Grenze, bis zu der die Verrechnung möglich ist. Das bisherige Limit, ein pauschaler Gemeinde-Hebesatz von 360 Prozent, soll auf 380 Prozent angehoben werden. Dies lässt die Ausfälle bei der Einkommensteuer zusätzlich ansteigen. Im Gegenzug erhöht sich das Aufkommen aus Einkommen- und Körperschaftsteuer aber durch den Plan, die neue Gewerbesteuer nicht mehr als gewinnmindernde Betriebsausgabe zuzulassen. Denn je höher der Gewinn, desto mehr Einkommen- und Körperschaftsteuer erhält der Fiskus. Ein Steuer-Mischmasch, den selbst Experten kaum noch verstehen, wie Ökonom Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft bekennt. „Einfacher wird es gewiss nicht.“

Kompliziert umverteilt wird auch bei der Umsatzsteuer. Den Gemeinden sollen von den Umsatzsteuereinnahmen zusätzliche 1,4 Prozentpunkte zustehen, was laut Eichel 1,87 Milliarden Euro entspricht. Bekommen aber die Kommunen mehr, müssen die Länder bluten. Und das offenbar überproportional: Denn obwohl nur zu 46,5 Prozent an der Umsatzsteuer beteiligt, soll der Länder-Finanzierungsanteil mehr als die Hälfte (943 Millionen Euro) betragen. Außerdem sollen die Länder wegen der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II weitere Umsatzsteueranteile verlieren.

Von der Zusammenlegung sollen die bislang für die Sozialhilfe zuständigen Kommunen mit 2,5 Milliarden Euro profitieren, weil künftig die Bundesanstalt für Arbeit das neue Arbeitslosengeld II verteilt. Laut Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) beträgt die Zusatzlast des Bundes 11,6 Milliarden Euro. Diese soll nun abgefedert werden, indem der Bund seinen Anteil an der Umsatzsteuer aufstockt – ebenfalls zu Lasten der Länder. 2004 will er sich zusätzliche 3,3 Prozentpunkte einverleiben, 2005 insgesamt 7,2.

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