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Wirtschaft: Schlag nach bei Lucky Luke

BERLIN ."Zing" - die Kugel zischt knapp am Ohr vorbei.

BERLIN ."Zing" - die Kugel zischt knapp am Ohr vorbei.Comicleser kennen das Geräusch aus den Abenteuern des Revolver-Helden Lucky Luke.Michael Zins entdeckte das Wort aus dem Amerikanischen im Webster.In dem dicken Wörterbuch hatte er nach einem Namen für sein Unternehmen gesucht.Auf der letzten Seite stand "Zing" (übersetzt das Pfeifen von Kugeln)."Da ist Bewegung drin", fand er und nannte das Unternehmen Zing/Soft GmbH.Das war 1994.Heute leitet er die Software-Firma zusammen mit seiner Partnerin Christel Jokisch und beschäftigt 16 Mitarbeiter in Berlin-Friedenau.Mit ihrem Stammprodukt "Data-Trader", einem Programm zum Übertragen von Daten zwischen verschiedenen Rechnern, stehen sie kurz vor dem wirtschaftlichen Durchbruch.Etliche Großkunden hat die Firma bereits, darunter ein kommunales Rechenzentrum in Hessen und das ZDF.

Beide Gründer hatten sich als langjährige Mitarbeiter eines Berliner Softwarehauses schon einen Namen in der Branche gemacht."Doch wir wollten unsere eigene Firma auf die Beine stellen", erklärt Christel Jokisch ihren Entschluß, den sicheren Job gegen das Gründergeschäft zu tauschen.1994 machte Zins den Anfang und stieg beim alten Arbeitgeber aus, für den er als Produktentwickler gearbeitet hatte.Seine Partnerin folgte zwei Jahre später.Ein Erinnerungsfoto im Büro zeigt die beiden noch inmitten der alten Kollegen."Einige sind schon zu uns übergelaufen", sagt Christel Jokisch.

So wuchs die Crew schnell an, und die 17 Quadratmeter im Technologiepark Focus Teleport im Spreebogen wurden "für die vielen Rechner" zu eng.Jokisch suchte neue Räume.Seit April 1996 arbeiten die Software-Cracks nun in einem ruhigen Altbau in Friedenau.Im nächsten Monat bekommen sie dort noch eine Etage dazu.

Im Sommer 1996, zwei Jahre nach der Gründung der GmbH, war auch der Großteil der Entwicklungsarbeit geleistet, das Datenübertragungs-Programm war betriebsbereit.Es kann die unterschiedlichsten Computer, bis hin zum Großrechner, und verschiedene Betriebssysteme miteinander verbinden und leitet die Datenflut zuverlässig in die richtigen Kanäle.Um den Data Trader zu entwickeln, brauchten die Gründer einen langen Atem.Doch die Not machte sie erfinderisch.Christel Jokisch "wußte, wie man ein Produkt verkauft".Als erstes schloß die ehemalige Vertriebscontrollerin Allianzen mit den Großen der Computerbranche, wie Hewlett Packard, IBM, Microsoft, Sun und anderen.Durch diese "Partners in development" kam die junge Firma äußerst günstig an ihre Soft- und Hardwareumgebung, für die "zu marktüblichen Preisen mehrere Millionen fällig gewesen wären".

Dennoch brauchten die Gründer eine Menge Kapital.In der ersten Finanzierungsrunde half die IBB Beteiligungsgesellschaft mbH.Sie hält 25,1 Prozent der Zing/Soft-Anteile.Daneben haben die Gründer viel mit privaten Darlehen vorfinanziert.Jokisch lobt vor allem den Firmenkundenberater ihrer Sparkasse, "der von Anfang an an uns geglaubt hat".

Die Anfangszeit war trotzdem nicht leicht, und die ersten Kunden zu überzeugen, sogar schwere Arbeit.Oft mußten sich die Gründer eine Absage mit der Begründung anhören, man wisse ja nicht, "ob die Firma morgen noch existiert".Auch der Wettbewerb für die junge Firma war hart.File-Transferprodukte gibt es schon, seit es EDV gibt."Unser Konkurrent hat 1800 Mitarbeiter und ist seit vier Jahren im Markt etabliert", erklärt Jokisch.Doch Stück für Stück trotzten sie ihm Marktanteile ab.

Die Geschäftsführerin des jungen Unternehmens denkt kostenorientiert.Nach einer langen Auswahlphase entschied sie sich, einigen Langzeitarbeitslosen eine Chance zu geben.So wurde der Posten der Vertriebsassistentin mit einer ehemaligen Maschinenbauerin besetzt, auch eine arbeitslose Graphikerin fand bei Zing/Soft eine neue Stelle."Arbeitslosigkeit heißt nicht zwangsläufig, daß die Leute nicht qualifiziert sind", ist Jokisch überzeugt.Auch ihr Spezialist für das Betriebsprogramm Unix war ursprünglich Gartenbauarchitekt.

Das Unternehmen fährt damit nicht schlecht.Es hat mittlerweile eine Vertretung in Großbritannien und sogar eine Tochtergesellschaft in Indiana/USA.Die Geschäftsaussichten sind gut: Etliche Testinstallationen des Data traders bei Großunternehmen laufen bereits.

FRIEDERIKE STORZ

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