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Ungewöhnlicher Verlauf. Nachdem die Kapitalerhöhung angekündigt wurde, stieg der Aktienkurs zeitweise mehr als fünf Prozent.

© AFP

Wirtschaft: Schlecht gewettet

Spekulanten sollen auf den Fall der Commerzbank-Aktie gewettet und den Kurs damit kräftig in die Höhe getrieben haben

Berlin - Wann immer an der Börse ein großer Deal stattfindet, sind die Spekulanten nicht weit. In dieser Woche stürzten sie sich auf die Commerzbank. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Investoren im großen Stil auf einen Kursverfall der Aktie gewettet haben – nur ging ihre Wette in diesem Fall nicht auf.

Die Commerzbank, die während der Krise Staatshilfen in Höhe von über 16 Milliarden Euro erhalten hatte, kündigte am Mittwoch an, einen Großteil davon zurückzahlen zu wollen. Das Geld dafür soll unter anderem durch eine Kapitalerhöhung hereinkommen. Indem sie neue Aktien ausgibt, will die Bank rund elf Milliarden Euro einnehmen, die sie dem Bund überweisen kann.

Eine große Überraschung war das nicht, der Markt hatte schon lange mit diesem Schritt gerechnet. Ungewöhnlich aber war die Reaktion der Börse: Am Mittwoch ging der Kurs der Commerzbank-Aktie um über fünf Prozent nach oben. In der Regel bewirkt eine Kapitalerhöhung das Gegenteil. Wenn ein Unternehmen neue Aktien ausgibt, verlieren die Papiere der Altaktionäre an Wert – es macht also kaum Sinn, vorher noch Anteile zu erwerben.

„Es würde mich nicht wundern, wenn da Leerverkäufer beteiligt waren“, sagt Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck. Der Londoner Finanzdienstleister Data Explorers hat nach Informationen der „Financial Times“ berechnet, dass derzeit rund 16 Prozent aller Commerzbank-Aktien leer verkauft sind. Das entspricht einem Volumen von rund 1,2 Milliarden Euro – viermal mehr als Anfang Februar.

Glaubt man Konrad Becker, ging die Rechnung der Spekulanten so: Die Leerverkäufer haben darauf gewettet, dass der Kurs der Aktie fällt, wenn die Bank eine Kapitalerhöhung bekannt gibt. Darum haben sie vorher kräftig Aktien verkauft – allerdings ohne die Papiere selbst zu besitzen, sie haben sie lediglich „ausgeliehen“. So etwas nennt man Leerverkauf. Vereinfacht gesagt funktioniert das so: Händler A leiht sich von Händler B eine Commerzbank-Aktie. Anschließend verkauft er das Papier an der Börse. Am Freitagnachmittag etwa war die Aktie 5,40 Euro wert. Zu einem vereinbarten Zeitpunkt muss A das Papier an den Verleiher zurückgeben. Dafür muss er es sich aber erst wieder an der Börse beschaffen. Ist der Preis für die Aktie in der Zwischenzeit auf fünf Euro gefallen, streicht Händler A die Differenz von 40 Cent ein – ohne selbst auch nur einen einzigen Cent eingesetzt zu haben. Indem sie Papiere verkaufen, drücken die Leerverkäufer selbst auf den Preis – wenn genügend Teilnehmer mitspielen, wird es eine Art selbsterfüllende Prophezeiung.

Warum stieg dann der Preis am vergangenen Mittwoch? Konrad Becker sagt: „Die Commerzbank hat die Anleger offenbar überzeugt. Mit der Kapitalerhöhung kann sie den Bund auszahlen und die Unsicherheit beenden. Und weil sie gleich so viele Aktien ausgibt, ist klar: Da kommt auch weiter nichts mehr.“ Als sie sahen, dass die Aktie nicht fällt, überkam einige Leerverkäufer offenbar Panik. Sollten die Preise noch weiter steigen, würde ihr Verlust immer größer werden. Also deckten sie sich ein – und trieben den Kurs damit immer weiter in die Höhe. Erst am Donnerstag wendete sich das Blatt. Die Anleger verkauften Commerzbank-Aktien. Ob die Leerverkäufer das Spiel schon verloren haben, wann sie ihre Papiere zurückgeben müssen und zu welchem Preis, wisse man nicht, sagt Becker. Bis zur Kapitalerhöhung sind es noch ein paar Tage.  „Und abgerechnet wird am Schluss.“

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