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Wirtschaft: Schmidt macht Druck auf Krankenkassen

Gesundheitsministerin fordert niedrigere Beiträge – doch die Chefs der Institute vertrösten sie

Berlin. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die gesetzlichen Krankenkassen aufgefordert, alle Möglichkeiten zu einer raschen Senkung der Beiträge zu nutzen. Beim Krankenkassentag in Berlin sagte sie, dies sei entscheidend für die Akzeptanz der Gesundheitsreform. Der Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Eckard Fiedler, prognostizierte bis zum Herbst einen Durchschnittsbeitrag von 14 Prozent, „und im nächsten Jahr noch deutlich darunter“. Zurzeit liegt der Satz bei 14, 27 Prozent. Schmidt hatte eine Senkung auf 13,6 Prozent versprochen.

Ohne Reform hätte es zum Jahreswechsel einen weiteren Schub auf 14,9 bis 15 Prozent gegeben, rechnete Fiedler vor. Dies entspreche einer Kaufkraft von sieben Milliarden Euro. Diese Summe müsse erst erwirtschaftet werden, bevor man Beiträge senken könne. Der Verwaltungsratsvorsitzende des AOK- Bundesverbands, Gert Nachtigal, sagte, die Beitragssätze folgten keinen Tableaus, jede Kasse müsse individuell handeln. Man werde jedoch „alles Erdenkliche“ tun, um Einsparungen an die Beitragszahler weiterzugeben.

Fiedler nannte die Reform eine „ganz große Herausforderung“. Während es in Details noch Verärgerung gebe, sei die anfängliche Verunsicherung weitgehend beseitigt. Und die Reform zeige positive Wirkungen. Dank der Möglichkeit, gemeinsam mit Privatversicherern Zusatzverträge anzubieten, sei „das Preisgefüge enorm ins Rutschen gekommen“. Die Nachfrage nach integrierter Versorgung sei hoch, die Barmer habe bundesweit schon 13 Modellverträge geschlossen. Und erfreulich sei auch die Resonanz auf Bonus-Programme. 200 000 Versicherte hätten sich dafür bei seiner Kasse bereits eingeschrieben.

Kritischer äußerte sich der Verwaltungsratschef des BKK-Bundesverbands, Willi Budde. Die Politik habe die Reform schlecht vermittelt, sagte er, allenthalben erlebe er verständnisloses Kopfschütteln. Und als es nicht gelaufen sei wie erhofft, habe die Selbstverwaltung „ganz schnell den schwarzen Peter zugeschoben bekommen“.

Auch die Ministerin sprach von „nicht immer störungsfreiem Umgang“. So sei es nicht gut, wenn Kassenvertreter einerseits Leistungskürzungen kritisierten, andererseits die Einbeziehung homöopathischer Arznei in die Erstattungspflicht als Gift für die Beiträge bezeichneten. Zudem sei es eine „wertvolle Bereicherung“, dass bei den Verhandlungen jetzt Patientenvertreter mit am Tisch sitzen. Diese Neuerung sei, auch wenn sie manchem in der Selbstverwaltung nicht passe, „unumkehrbar“. Genugtuung äußerte die Ministerin darüber, dass der Europäische Gerichtshof die deutsche Festbetragsregelung für Arzneimittel abgesegnet hat. Die Einschätzung, Krankenkassen seien nicht Unternehmer im klassischen Sinne, gebe der Politik bei der Vertragsgestaltung „ganz neue Möglichkeiten“. Kritik übte Schmidt an der Richterschelte seitens der Pharmaindustrie. Zu der Äußerung, man befinde sich nun außerhalb des Rechtsstaats, gehöre „schon einiges an Dreistigkeit“, so Schmidt. „Es kann nicht sein, dass man ein Urteil nur akzeptiert, wenn es einem selber Recht gibt.“

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