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Wirtschaft: Schmiergeldaffäre: Wellensiek gerät in den Strudel von Roland Ernst - Der vorläufige Insolvenzverwalter gibt auf

Der Skandal, den der Bauträger Roland Ernst mit seinen Aussagen gegenüber der Staatsanwaltschaft Bochum ausgelöst hat, zieht Kreise. Der vorläufige Insolvenzverwalter des Bauträgers, der Heidelberger Anwalt Jobst Wellensiek, hat am Donnerstag das Amtsgericht gebeten, ihn nach der anstehenden Gläubigerausschussitzung am 11.

Der Skandal, den der Bauträger Roland Ernst mit seinen Aussagen gegenüber der Staatsanwaltschaft Bochum ausgelöst hat, zieht Kreise. Der vorläufige Insolvenzverwalter des Bauträgers, der Heidelberger Anwalt Jobst Wellensiek, hat am Donnerstag das Amtsgericht gebeten, ihn nach der anstehenden Gläubigerausschussitzung am 11. Juli 2000 von seinen Aufgaben zu entbinden und einen neuen (vorläufigen) Insolvenzverwalter zu bestellen. Er werde den Gläubigerausschuss zu diesem Termin über den Sachstand und seine bisherigen Aktivitäten informieren. Wellensiek teilte in einer Presseerklärung weiter mit, dieser Schritt sei "zur Wahrung meiner Integrität geboten".

Wellensiek ist nach eigener Aussage an insgesamt vier der rund 120 Fonds der Roland-Ernst-Gruppe beteiligt. Es handele sich um die Fonds "Rathaus Limburger Hof", "Ramada Leipzig", "Teltow" und "Dora". Zudem ist der Anwalt Mitgesellschafter der Ernst-Firma GFG.

Das Amtgericht Heidelberg hatte Wellensiek Mitte Mai zum "vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter" des Bauunternehmens bestellt. Dies heißt, der Anwalt erstellt ein Gutachten, hat derzeit aber kein Verwaltungs- oder Verfügungsrecht über die Geschäfte des Bauunternehmers. Zum Zeitpunkt der Bestellung wusste das Gericht nichts von dem Engagements Wellensieks in den Ernst-Fonds. Man hätte ihn dann auch nicht bestellt, hieß es am Donnerstag inoffiziell.

Wellensiek betont nun, die Beteiligungen von Ernst an den vier Fonds seien sehr gering - in einem Fall sogar unter ein Prozent - so dass diese Beteiligungen im Gesamtverfahren eine sehr untergeordnete Rolle spielten. Im übrigen scheide Ernst bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus den Fonds als persönlich haftender Gesellschafter aus. Der Anwalt weist darauf hin, dass er weder Roland Ernst noch seine Firmen jemals beraten habe, und unter seiner Mitwirkung als vorläufiger Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse um 80 Millionen Mark entlastet und Mittelzuflüsse in Höhe von rund 43 Millionen Mark erreicht wurden. Sein Ansehen und das Vertrauen in seine Person hätten mit dazu beigetragen dies zu erreichen, so Wellensiek.

Ernst soll gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt haben, er habe Politiker aber auch Banker systematisch bestochen, hatte der "stern" berichtet. Geschädigter sei auch Wellensiek der an einer Ernst-Firma der GFG, beteiligt sei, so das Magazin weiter. Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe wurde in dem Bereicht namentlich genannt und spekuliert: "Wie eng waren die Beziehungen des Ministerpräsidenten zu dem Bauträger?" Den einstigen brandenburgischen Kulturminister Hinrich Enderlein habe Ernst an die Spitze einer eigens für ihn gegründeten Firma gesetzt.

In Brandenburg wurden die Aussagen von Ernst, der auch von Gefälligkeiten für Regierungsschef Manfred Stolpe gesprochen hatte, zurückhaltend aufgenommen. Die Potsdamer Staatskanzlei wies die "Spekulationen" als "haltlos" zurück. Ernst hatte vor allem ausgesagt, dass sich Stolpe persönlich bei ihm dafür eingesetzt habe, dass der Vertrag mit dem früheren Gesundheitsstaatssekretär Detlef Affeld verlängert wird. Dieser war nach seinem Ausscheiden wegen der Haushalts-Affären im Sozialministerium Geschäftsführer der zum Imperium gehörenden Krankenhaustochter Rekura GmbH geworden. "Stolpe war von Anfang an überzeugt, dass Affeld unschuldig war", sagte Regierungssprecher Ehrhard Thomas. CDU-Landeschef Jörg Schönbohm wollte "keinen Kommentar" zu den Vorgängen geben. CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger nannte die Vorwürfe gegen Stolpe "wenig greifbar".

Die Staatskanzlei dementierte Aussagen von Ernst, dass Zahlungen von 414 000 Mark an die deutsch-kanadische Geschäftsfrau Baumann-Massie zur Finanzierung einer Kuba-Reise Stolpes verwendet worden seien. Die Kuba-Reise 1997 sei eindeutig aus dem Landeshaushalt finanziert worden, sagte Thomas. Massie sei von der Landesregierung nicht mit der Vorbereitung beauftragt worden.

Im Landtag hatte die Regierung allerdings bereits 1997 eingeräumt, dass Massie im Auftrag der Brandenburgischen Außenhandelsagentur Braha - ein Landesunternehmen - an der Vorbereitung der Stolpe-Reise mitgewirkt hatte. Erst vor wenigen Monaten hatte Stolpe im Tagesspiegel eingeräumt, zwei Mal kostenlos den Firmenjet des Unternehmers genutzt zu haben.

dr, thm

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