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Wirtschaft: Schnäppchen zum Anziehen

Die Textildiscounter kommen - und C & A folgt

Berlin - Immer mehr Kunden aus den unteren Einkommensschichten kommen sie wie Schatztruhen vor: Wenn sie nur tief genug wühlen, finden sie in Textildiscountern wie Kik, Takko, Adler & Co Schnäppchen wie Sommertops für 3,99 Euro oder eine Jeans für 9,99 Euro. Bis zu sechs Milliarden Euro pro Jahr geben die Deutschen nach Branchenangaben in Textildiscountern aus, ihr Marktanteil liegt laut Bundesverband des deutschen Textileinzelhandels bei zehn bis zwölf Prozent.

Auf diesen Zug springt nun auch C & A auf. Vergangene Woche hat der Modekonzern die erste Filiale seines neuen Textildiscounters Avanti in Augsburg eröffnet. „Rund 80 Prozent der gesamten Kollektion wird unter zehn Euro kosten“, kündigt C & A-Sprecher Thorsten Rolfes an.

Der deutsche Textilmarkt driftet auseinander. Dass sich sowohl Luxusmarken wie Hugo Boss und Gucci als auch T- Shirt-Discounter wie Kik & Co einer wachsenden Zahl von Kunden erfreuen, spiegelt die Entwicklung der Einkommen wider: Die deutsche Mittelschicht ist in den vergangenen Jahren geschrumpft.

„Oben und unten im Markt ist Wachstum, die Mitte hat ein Problem“, bestätigt Verbandsmann Gassenmeier. Die Mitte ist in diesem Fall der Textilfachhandel. Die Zahl der Fachgeschäfte ging in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel zurück. „Dafür kommen dann Discounter“, sagt Günter Päts, Vize-Chef des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg. Vor allem in Brandenburg sieht er für die Billigheimer daher großes Potenzial. „Sie etablieren sich dort, wo die Kaufkraft gering ist“, sagt er. Auch im strukturschwachen Berlin sei daher eher mit einer Zunahme zu rechnen, wenn auch nicht in 1a-Innenstadtlagen und Centern, ist Päts überzeugt. Grund sind die hohen Mietpreise in den Innenstädten. „Sparen können Discounter vor allem bei den Mieten“, sagt Philip Beil, Einzelhandelsexperte bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Das war auch der Grund, warum sie bislang vor allem am Stadtrand zu finden waren.

Doch C & A will nun einen anderen Weg einschlagen. Mit Avanti geht der Händler bewusst in die Innenstädte. Als Standorte sind Städte mit mindestens 200 000 Einwohnern und hochfrequentierten Innenstädten im Visier. „Berlin gehört zwangsläufig dazu“, sagt Unternehmenssprecher Rolfes. Ob es bereits in diesem Jahr einen ersten Avanti-Ableger in der Hauptstadt geben wird, sagte er nicht. „Das Problem ist die Verfügbarkeit“, sagte Rolfes. „Wir müssen solche Lagen erst einmal finden.“ Zehn Avanti- Filialen soll es bis zum Ende des Jahres geben. In dieser Woche wird Gelsenkirchen neu eröffnet, weitere sind bislang in Leipzig, Essen und Darmstadt geplant.

Dass der Markt noch einen weiteren großen Textildiscounter verträgt, wird von Branchenbeobachtern derweil bezweifelt. „Es herrscht schon jetzt mächtiges Gedränge“, sagt Verbandsmann Gassenmeier. Denn die C & A-Tochter kommt nicht nur der Tengelmann-Tochter Kik, Takko oder Ernsting’s Family ins Gehege, sondern auch Discountern wie Aldi, Lidl, Plus und Tchibo, die mit Aktionsware wie T- Shirts oder Hemden jeweils bereits mehr als eine Milliarde Euro umsetzen.

Auch Philip Beil von Roland Berger erwartet im Discountmarkt keine „extremen“ Zuwachsraten mehr. „Überproportionales Wachstum ist nur durch Verdrängung des mittleren Segments zu erwarten“, prophezeit Beil. Und der Preis allein werde die Kunden nicht überzeugen. „Das geht nur über Qualität.“

Die Konkurrenz gibt sich trotz der neuen C & A-Tochter dagegen betont gelassen. „Ob Avanti zukünftig ein Konkurrent von uns sein wird, wird sich erst zeigen müssen“, heißt es launig bei Kik, der erst vor wenigen Tagen eine Preis-Offensive gestartet hat. Und auch beim Kaffee- Röster Tchibo in Hamburg heißt es nur: „Das kratzt uns nicht.“ Tchibo wolle durch die Zusammenarbeit mit Designer Michael Michalsky gerade aus der Discount-Ecke herauskommen, betont Konzernsprecher Klaus Peter Nebel.

C & A traut seiner Billigmarke Avanti viel zu. „Wir glauben, dass wir auf dem deutschen und europäischen Markt kräftig wachsen können“, sagt Sprecher Rolfes. Und verweist auf das Vorbild Großbritannien. Dort hätten Textildiscounter schon jetzt einen Anteil von bis zu 30 Prozent am Gesamtmarkt. Maren Peters

Maren Peters

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