zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Schröder braucht mehr als Alchimie

EDITORIALS Die Alchimie lebt. In Deutschland scheint sie geradezu zu florieren.

EDITORIALS

Die Alchimie lebt. In Deutschland scheint sie geradezu zu florieren. Seit Kanzler Schröder 1998 an die Macht kam, dreht seine Regierung jeden Stein der Weisen um, um nachzusehen, ob sich darunter ein schmerzloses Mittelchen für die kränkelnde Wirtschaft findet. Zum ersten Wundermittel sollte die Steuerfreiheit für Beteiligungsverkäufe werden. Eigentlich ein guter Schritt, doch zum neuen Einsatz von Kapital führt sie nur, wenn sich für die verkaufenden Banken auch neue InvestmentMöglichkeiten bieten. Auch wegen der Börsenschwäche hat die Steuerbefreiung nicht zur größeren Freisetzung von Kapital geführt. Schon werden Stimmen laut, die Steuer wieder zu erheben, wenn die undankbaren Bankhäuser ihre steuerfreien Erlöse nicht nach den Vorstellungen der Regierung neu investieren.

Immerhin hat die Schröder-Regierung erkannt, dass die deutsche Wirtschaft auch an der Unbeweglichkeit des Kapitals laboriert. Doch mit einer Erleichterung der Kapitalflüsse ist es nicht getan, wenn nicht gleichzeitig Möglichkeiten geschaffen werden, die Mittel neu und gewinnbringend einzusetzen. Hierzu müsste endlich in Angriff genommen werden, was Schröders Regierung bislang gescheut hat: Deregulierung, Steuersenkungen und die radikale Reform des Sozialstaats. Seit der letzten Woche kennt das Finanzministerium ein neues Rezept zur Konjunkturbelebung: Man erleichtert den Banken, ihre Kreditforderungen zu bündeln und verbrieft zu veräußern. Dies spült den Kreditinstituten Bargeld in die Kassen und befreit sie von der auf den Krediten lastenden Ausfallgefahr. Letztere wird vom Käufer der Kreditforderung übernommen, der sich dieses Risiko vergüten lässt.

Doch obwohl das Geschäft für beide Seiten Vorteile bringen kann, ist es kein Selbstläufer. Das Ausfallrisiko wird nicht beseitigt, sondern lediglich nur auf andere verlagert. Der Verkauf gebündelter Kreditforderungen ist weder für Deutschland noch für seine Banken ein Ausweg aus der Krise. Der Schlüssel zum Wachstum liegt darin, den Einsatz des freigesetzten Kapitals attraktiver zu machen. Erst wenn die eigentlichen Schrittmacher der Wirtschaft wie Arbeitsmarkt-Reformen und Steuersenkungen eingesetzt werden, können die Wundermittel der Schröder-Regierung etwas bewirken.

-

Zur Startseite