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Wirtschaft: Schröder lobt IG Metall – ohne Grund

EDITORIALS Es sagt viel aus über Deutschland, wenn die Bereitschaft der Arbeitnehmer, nicht ihre Arbeit niederzulegen, während das Land gerade darum ringt, aus der Stagnation herauszukommen, als wirtschaftlicher Triumph gewertet wird. Doch laut Bundeskanzler Gerhard Schröder ist die Tarifeinigung in der Metallindustrie ein „guter Abschluss“, der einen „soliden Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung Deutschlands“ leisten wird.

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Es sagt viel aus über Deutschland, wenn die Bereitschaft der Arbeitnehmer, nicht ihre Arbeit niederzulegen, während das Land gerade darum ringt, aus der Stagnation herauszukommen, als wirtschaftlicher Triumph gewertet wird. Doch laut Bundeskanzler Gerhard Schröder ist die Tarifeinigung in der Metallindustrie ein „guter Abschluss“, der einen „soliden Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung Deutschlands“ leisten wird.

Dabei bietet die in der vergangenen Woche nach 17 Stunden Verhandlung erzielte Vereinbarung wenig Anlass zum Feiern. Die Arbeitgeber beugten sich den Streikdrohungen und verzichteten auf ihr Anliegen, einzelnen Unternehmen mehr Flexibilität innerhalb des Flächentarifsystems zu ermöglichen. Und es betrifft nicht nur die Metallindustrie. Dieser schlechte Deal wird wahrscheinlich als Modell auch für andere Sektoren dienen. Die Tatsache, dass Schröder eine Woche zuvor unter dem Druck von ParteiTraditionalisten als Vorsitzender der SPD zurückgetreten war, bestärkte die Gewerkschaften und entmutigte die Arbeitgeber. So stimmten sie Lohnerhöhungen deutlich über den Produktivitätsgewinnen von circa 1,4 Prozent zu und stellten damit sicher, dass den Firmen für die Einstellung neuer Arbeitskräfte kein zusätzliches Geld bleibt.

Die deutsche Industrie hat immer mehr Auswahlmöglichkeiten, um zu investieren – und das kostenintensive Deutschland steht dabei kaum an erster Stelle. Die Arbeitskosten dort liegen sechs Mal höher als in Polen und mehr als neun Mal höher als in Lettland. Beide Länder treten im Mai der EU bei. Seit Juni 2001 ist die Zahl der Arbeitskräfte in der deutschen Metallindustrie um 173000 zurückgegangen. Dennoch werden Deutschlands 3,5 Millionen Metallarbeiter im März zunächst 2,2 Prozent mehr Lohn bekommen, ein Jahr später weitere 2,7 Prozent. In Zukunft können 50 Prozent der Beschäftigten eines Unternehmens – statt bisher 18 Prozent – 40 Stunden arbeiten, aber nur bei Bezahlung der Überstunden und nur wenn die Gewerkschaften zustimmen. Nennt man das Flexibilität? Schröder verspricht Reformen, die dazu beitragen werden, Deutschlands Heer von 4,6 Millionen Arbeitslosen in Lohn und Brot zu bringen. Doch mit Vereinbarungen wie dieser ist es wahrscheinlicher, dass noch mehr Jobs verloren gehen.

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