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Jeder Euro zählt. Aber es ist nicht nur der Preis, der viele Griechen nach einheimischen Produkten greifen lässt. Auch der deutsche Discounter Lidl setzt auf „Made in Greece“.

© AFP

Schuldenkrise: „Preiswert und griechisch“

Die Verbraucher des Krisenlandes kaufen immer weniger Importprodukte. Der Handel zieht mit.

Um ihre desolate Wirtschaft zu stützen, bevorzugen griechische Verbraucher immer häufiger Produkte, die im eigenen Land hergestellt wurden. Der Handel hat den Trend erkannt und vermarktet „Made in Greece“ gezielt. „Preiswert und griechisch“ – mit diesem Slogan wirbt seit einigen Monaten die Supermarktkette Masoutis. Das Konkurrenzunternehmen Veropoulos macht Werbung mit dem Wortspiel „Veros Ellinas“, was so viel heißt wie „echter Grieche“.

Früher galten Importprodukte als Statussymbol, selbst im Supermarkt. Jetzt müssen die meisten Verbraucher – ihre Einkommen sanken laut OECD im vergangenen Jahr um durchschnittlich 25 Prozent – vorsichtiger mit dem Geld umgehen. Die Krise ändert die Konsumgewohnheiten. Eine repräsentative Umfrage der Universität Athen ergab, dass 36 Prozent der Verbraucher innerhalb der vergangenen zwölf Monate bewusst dazu übergegangen sind, griechische Produkte zu bevorzugen. Acht von zehn Befragten erklärten, dass sie künftig noch häufiger zu „Made in Greece“ greifen wollen. 83 Prozent glauben, damit der griechischen Wirtschaft zu helfen und Arbeitsplätze zu sichern. Jeder zweite Verbraucher hält außerdem die griechischen Produkte für sicherer und qualitativ besser. Aber auch politische Irritationen spielen eine Rolle. Seit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler die Griechen aufforderte, den Euro zu verlassen, und Bayerns Finanzminister Markus Söder an ihnen „ein Exempel statuieren“ will, stehen deutsche Produkte bei vielen Griechen nicht mehr hoch im Kurs.

Der Handel macht sich den Trend zunutze. Nachdem die Umsätze der griechischen Groß- und Einzelhändler zwischen 2009 und 2011 um fast 30 Prozent zurückgingen, ist die Branche für alles dankbar, was den Absatz fördert. Auf vielen Produkten taucht die griechische Flagge auf. Der neue Patriotismus der Verbraucher kommt dem Handel auch deshalb entgegen, weil es immer schwieriger wird, Waren zu importieren: Viele ausländische Hersteller liefern wegen der Krise nur noch gegen Vorkasse. Manche Handelsunternehmen stellen jetzt gezielt heraus, dass sie griechisch sind, zum Beispiel die Kette Mega Electrics, die sich damit vom deutschen Konkurrenten Media Markt abzuheben versucht.

Ausländische Firmen machen mit: So bewirbt der deutsche Discounter Lidl gezielt griechische Produkte in seinem Sortiment und drapiert seine Märkte mit griechischen Fahnen. „15 Jahre miteinander, es ist uns eine Ehre!“, wirbt Lidl Hellas. Auch der niederländische Brauereikonzern Heineken folgt dem Trend: Ihr in Athen gebrautes Amstel-Bier bewirbt er mit dem Werbespruch: „Hergestellt von griechischen Händen, auf griechischem Boden, mit griechischem Getreide.“

Volkswirtschaftlich macht es Sinn, wenn sich die Griechen nun auf ihre eigenen Produkte besinnen. Denn zu den Ursachen der Schuldenkrise gehört, dass Griechenland in den vergangenen Jahrzehnten zu viel konsumierte und zu wenig produzierte. Abzulesen war das an den horrenden Defiziten der Handelsbilanz. So gab das Land 2008, vor Beginn der Krise, dreimal so viel für Importe aus wie es durch Ausfuhren einnahm. Krisenbedingt geht der Fehlbetrag inzwischen zurück: 2011 verringerte sich das Handelsbilanzdefizit um 28 Prozent.

Die Krise spitzt sich indes weiter zu, die griechische Staatskasse ist fast leer. Während das Finanzministerium in Athen Ende März noch 4,4 Milliarden Euro in seinen Safes hatte, waren es Ende Juni nur noch 3,5 Milliarden Euro.

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