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Schweigen ist Gold. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich am 21. Juli in Brüssel ausführlich zu den Ergebnissen des Sondergipfels. Jetzt ist sie im Urlaub, hält per Handy Kontakt zu ihren Amtskollegen – aber öffentlich sagt sie nichts.

© dapd

Schuldenkrise: Wie in Europa die Lage beurteilt wird

Hinter den Kulissen beraten die Politiker. Ein Schuldiger ist ausgemacht: Kommissionspräsident Barroso.

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Berlin - Jeder telefoniert mit jedem, die Handys laufen heiß. Bundeskanzlerin Angela Merkel urlaubt zwar in Südtirol, aber sie hat mit Barack Obama, Nicolas Sarkozy, Silvio Berlusconi, David Cameron und unzähligen anderen telefoniert, um über die europäische Schuldenkrise und die Lage nach der Horrorwoche an der Börse zu sprechen. Eine Botschaft ist klar: Die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels müssen schnell umgesetzt werden, damit die Finanzmärkte wieder Vertrauen in die Politik fassen.

Aber reicht das? Dass die Finanzminister der G-7-Staaten ihr Treffen vorziehen wollten, hatte es schon seit Tagen geheißen. Doch am Sonnabend kam neues Tempo in den Plan. Nach Angaben eines ranghohen EU-Diplomaten war geplant, sich auch in diesem Format noch am Wochenende wegen der jüngsten Marktturbulenzen zu beraten. Die Vize-Finanzminister der Gruppe der 20 wichtigsten Schwellen- und Industriestaaten wollten noch am späten Samstagabend eine Telefonkonferenz über die Schuldenkrise in Europa und den USA abhalten. Der britische Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verständigten sich ebenfalls zum Vorgehen in der Finanzkrise, wie ein Sprecher der Downing Street mitteilte. .Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA erhöht die Notwendigkeit internationaler Absprachen.

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte nach dem Absturz der Finanzmärkte ein vorgezogenes Treffen der G-7-Finanzminister ins Gespräch gebracht. Frankreichs Finanzminister Francois Baroin sagte dazu, es sei noch zu früh, um zu sagen, ob es ein solches G-7-Treffen geben werde. Frankreich hat derzeit die G-7- und G-20-Präsidentschaft inne. Das nächste reguläre Treffen der G-7-Finanzminister und Zentralbanker steht erst Anfang September im französischen Marseille an.

Auf EU-Ebene befassen sich die Spitzenpolitiker weiter mit dem Offenen Brief von EU-Kommissionspräsident Josè Manuel Barroso an die Staats- und Regierungschefs. Barroso habe „die falsche Botschaft zur absoluten Unzeit“ gesandt, sagte der Chef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, dem Tagesspiegel. In dem Brief hatte Barroso die Beschlüsse der Eurogruppe vom 21. Juli heftig kritisiert. Dass die Aktienmärkte am Freitag weltweit eingebrochen sind, wird auch auf Barrosos Brief zurückgeführt, weil davon ein Signal der Uneinigkeit der politischen Führung in Europa ausging. Auch der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok warf der EU-Kommission vor, in den Bemühungen um eine Stabilisierung des Euros „die Nerven verloren zu haben“. Brok sagte im Deutschlandfunk: „Brüssel, muss man sagen, hat in dieser Woche nicht geschickt reagiert, weil es die Nerven verloren hat.“ Es gebe „zu viele Politiker, die in dieser Frage den Mund nicht halten können“.

Möglich scheint, dass die globale Schuldenkrise auch bald die nationalen Parlamente beschäftigt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer forderte eine Sondersitzung des Bundestags zum Euro. Die Euro-Krise erst am 21. September auf die Tagesordnung des Parlaments zu setzen, sei angesichts der sich überschlagenden Entwicklungen viel zu spät, sagte Schäfer. Die SPD habe frühzeitig deutlich gemacht, dass sie bei einer neuen Gesetzgebung nicht blockieren wolle. Aber: „Das Parlament muss doch am Schluss für das Geld den Kopf hinhalten.“ mit dpa/rtr

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