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Schuldenreport 2006: Private Schulden erreichen Rekordniveau

Jeder zwölfte Haushalt in Deutschland ist nach Angaben des Schuldenreports 2006 zahlungsunfähig; insgesamt ist mit 3,1 Millionen Privatinsolvenzen zu rechnen. Besonders schnell wuchs die Verschuldung in West-Deutschland.

Berlin - Die Zahl der hochverschuldeten Menschen in Deutschland hat Rekordniveau erreicht. Derzeit ist dem Schuldenreport 2006 zufolge jeder zwölfte Haushalt in Deutschland nicht fähig, seine Verpflichtungen zu bezahlen. Demnach hat sich die Zahl der überschuldeten Haushalte in den vergangenen 13 Jahren auf 3,1 Millionen mehr als verdoppelt. Zudem seien mehr als eine halbe Millionen Haushalte akut von der Überschuldung bedroht, klagten Wohlfahrts- und Verbraucherverbände am Mittwoch in Berlin. Gravierende Unterschiede tun sich zwischen Ost und West auf.

Während im Osten elf Prozent der Haushalte als zahlungsunfähig gelten, sind es im Westen sieben Prozent. Seit dem letzten Report 1999 ist die Überschuldung in den alten Bundesländern aber fast doppelt so schnell wie in den neuen gestiegen. Dabei liegt die Schuldenhöhe im Westen zwischen 10.000 und 50.000 Euro, im Osten zwischen 2.500 und 10.000 Euro. Grund sei, dass die Westdeutschen davon ausgegangen waren, ihren Job nicht zu verlieren und so hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind.

Verantwortlich für die Überschuldung seien Arbeitslosigkeit, Trennung vom Partner, gescheiterte Selbstständigkeit und aggressive Werbung für Kredite. Banken würden mit «unseriösen» Kreditzinsen werben, kritisierte Müller. Außerdem gerieten gerade junge Menschen zunehmend in die «Kostenfalle Handy».

«Das Risiko der Überschuldung ist mehr denn je zum Risiko für breite Bevölkerungsschichten geworden», warnten Caritas, Diakonie, Verbraucherzentrale und das Deutsche Rote Kreuz. Es gelinge nur einem Bruchteil der Haushalte, die Schuldenlast abzubauen: Nicht einmal jeder zehnte habe bisher einen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt, sagte Edda Müller, Chefin der Verbraucherzentrale Bundesverband. Nur ein Viertel hätte Zugang zur dazu vorgeschriebenen Schuldenberatung.

Müller bemängelte, das seit sieben Jahren geltende Insolvenzverfahren zur Befreiung von Restschulden sei gerade für die «Ärmsten der Armen» zu bürokratisch. «Es hat leider nicht so funktioniert, wie sich das der Gesetzgeber vorgestellt hat.»

Die Verbände forderten, eine «Task Force» aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft einzurichten. «Frau Merkel sollte das zur Chefsache machen», sagte Müller. Um Überschuldete nicht vom Leben auszuschließen, müssten sie ein Recht auf ein Girokonto - allerdings ohne Überzugsrahmen - erhalten. Junge Menschen sollten in der Schule lernen, richtig mit Geld umzugehen.

«Überschuldung ist bekämpfbar», sagte Mario Junglas vom Deutschen Caritasverband. Dazu dürfte den rund 1100 Schuldenberatungsstellen in Deutschland aber nicht der Geldhahn zugedreht werden. Einige Länder wie Hessen hätten sich daraus zurückgezogen. Doch jeder Euro für die Beratung spare zwei Euro an späteren Sozialausgaben. (tso/dpa)

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