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Wirtschaft: Schutz für die Älteren

UTRECHT .Die Segnungen des niederländischen "Poldermodells" werden weltweit gerühmt.

UTRECHT .Die Segnungen des niederländischen "Poldermodells" werden weltweit gerühmt.Als vorbildhaft gilt die erfolgreiche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Sanierung der Staatsfinanzen, die Umstrukturierung des Sozialstaates und der konstruktive Dialog der Sozialpartner."Verlierer" kenne das Poldermodell aber auch, räumt Premier Wim Kok freimütig ein: "Die Teilhabe der Älteren am Berufsleben ist erschreckend niedrig."

Lediglich jeder vierte der über 55jährigen Männer ist noch beschäftigt, die Erwerbsquote älterer Frauen liegt noch bedeutend niedriger.Auf die Wirtschaftskrise in den 80er Jahren hatten die Unternehmen mit dem verstärkten Abbau älteren Personals reagiert: Vorruhestandsregelungen, Sozialpläne oder Invalidenrenten machten den vorzeitigen Abschied vom Berufsleben erträglich.

Vor allem die Invaliden-Rente (WAO) wurde als Ersatz für die Frührente zweckentfremdet.Als sich Anfang der 90er Jahre die Zahl der WAO-Empfänger der Millionengrenze näherte, schritt Den Haag ein, verschärfte die Bedingungen.Umschulungen sind nun üblich, regelmäßig wird der Gesundheitsheitszustand der Leistungsempfänger überprüft: Mit der WAO können ältere Arbeitnehmer kaum mehr in die Frührente abgeschoben werden.

Doch nach wie vor haben ältere Arbeitnehmer einen schweren Stand.Oft wollen Unternehmen junge Kräfte, die billig und dank frischer Ausbildung fachlich auf dem neuesten Stand sind."Die Betriebe konzentrieren sich mit ihrer Personalpolitik einseitig auf jüngere Arbeitnehmer", bemängelt Rene van Rijsselt, Dozent für Sozial-Gerontologie an der Universität Amsterdam.Bei einem nationalen Meldetag für Fälle von Altersdiskriminierung im Berufsleben brach das Telefonnetz des Landesbüros Altersdiskriminierung (LBL) in Utrecht vor zwei Jahren fast zusammen: Tausende wollten ihre Klagen registrieren lassen.

1997 verabschiedete das Parlament schließlich ein Gesetz gegen Alterdiskriminierung, das es Unternehmen verbietet, in Stellenanzeigen ein Wunsch-Alter zu benennen.Die Chancen älterer Bewerber haben sich aber mit der Privatisierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall im vergangenen Jahr verschlechtert: Aus Angst vor teuren Versicherungspolicen bei einem hohen Krankenstand bevorzugen Betriebe oft jüngere Mitarbeiter.

Jos Bienemann, der Sprecher des Sozialministeriums, glaubt dennoch, daß ältere Arbeitnehmer bald von selbst in das Berufsleben integriert werden.Er verweist auf die sinkende Arbeitslosenquote, die offiziell nun bei rund 4,5 Prozent liegt: "Arbeitskräfte werden hier immer knapper.Die Unternehmen kommen gar nicht mehr umhin, künftig verstärkt auch ältere Arbeitnehmer einzustellen."

THOMAS ROSER

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