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Wirtschaft: Schwachstellen im Bewag-Vertrag

Rücklagen von 2,7 Mrd.DM nicht gesichert / Keine Vertragsstrafen / Kritik der Grünen BERLIN (dw).

Rücklagen von 2,7 Mrd.DM nicht gesichert / Keine Vertragsstrafen / Kritik der Grünen

BERLIN (dw).Der Verkauf des Berliner Energieunternehmens Bewag an ein deutsch-amerikanisches Konsortium ist mit "schwerwiegenden Mängeln behaftet und daher nicht zustimmungsfähig." Dies erklärte die energiepolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Michaele Schreyer am Montag.Die Gewinnrücklagen der Bewag in Höhe von 2,7 Mrd.DM seien im Kaufvertrag in keiner Weise vor dem Zugriff der neuen Anteilseigner geschützt.Zudem sehe der Kaufvertrag keine Vertragsstrafen für den Fall vor, daß die Unterzeichner ihre Zusagen in Bezug auf die Arbeitsplätze nicht einhalten.Anders als der Öffentlichkeit vermittelt, betrügen die Einnahmen des Landes zudem statt 2,9 Mrd.DM nur 2,85 Mrd.DM.Die CDU-Fraktion, die am heutigen Dienstag über den Bewag-Verkauf entscheidet, forderte die Grünen-Politikerin auf, entsprechende Nachbesserungen im Vertragswerk einzufordern.SPD-Fraktionschef Klaus Böger wiederholte am Wochenende seine Drohung, daß es den Bruch der großen Koalition in Berlin bedeuten würde, wenn die CDU dem Kaufvertrag nicht zustimmt. Bereits am Wochenende war bekannt geworden, daß der Kaufvertrag den amerikanischen Konzern Southern Company weit weniger an Berlin bindet, als zunächst verlautbart worden war.Nach einer Klausel im Vertragswerk können die Amerikaner nach nur zwei Jahren ihre Bewag-Anteile weiterveräußern, wobei sich die Konzerne Veba und Viag ein dreijähriges Vorkaufsrecht gesichert haben."Statt als strategischer Investor erscheint damit Southern als strategischer Türöffner für Veba und Viag, um deren marktbeherrschende Stellung zu erweitern", kritisierte Schreyer.Daß der Senat zunächst versucht habe, das zweijährige Ausstiegsrecht der Amerikaner zu verschweigen grenze "an eine versuchte Täuschung der Öffentlichkeit." Vor diesem Hintergrund seien zwei Vertragsbestandteile besonders bedenklich: In Abschnitt F der Vertragspräambel betonen die Bewag-Käufer, daß sie "eine deutlich höhere Dividende" anstreben.Eine Dividende, die hoch genug wäre, um den Amerikanern das eingesetzte Kapital angemessen zu verzinsen, sei aber durch normale Geschäftstätigkeit nicht innerhalb von zwei Jahren zu erzielen, erklärte Schreyer.Es sei daher zu befürchten, daß die Konzerne die Gewinnrücklagen der Bewag in Höhe von 2,7 Mrd.DM in kurzfristig auszuschüttende Gewinne umwandeln."Die Käufer können nach dem Vertrag direkt an die Rücklagen ran", kritisierte Schreyer: "Es gibt da keine Bremse." Zudem kritisierte die Politikerin, daß die Finanzverwaltung die Bewag-Dividende für das Geschäftsjahr 1996/97 von rund 50 Mill.DM bereits dem Käuferkonsortium versprochen hat, obwohl der Bewag-Verkauf voraussichtlich erst nach Ende des Geschäftsjahres im Juli wirksam wird und die Dividende damit eigentlich noch dem Land Berlin zustünde."Die erzielte Einnahme aus dem Verkauf beträgt damit nur 2,85 Mrd.DM." Als weitere Schwachstelle des Vertrages wertete sie die Tatsache, daß das finanzielle Risiko eines kartellrechtlichen Verbotes ausschließlich beim Land Berlin liegt. Begrüßenswert sei zwar, daß im Kaufvertrag zugesichert wird, daß der Arbeitsplatzabbau bei der Bewag nicht beschleunigt wird.Es fehle jedoch jede Art von Vertragsstrafe für den Fall, daß die neuen Eigentümer ihr Versprechen brechen, kritisierte Schreyer.Sie fordere eine an das Land Berlin zahlbare Vertragsstrafe von 1 Mill.DM "für jeden Arbeitsplatz der bei der Bewag zusätzlich abgebaut wird oder entgegen der Zusagen nicht entsteht." Es sei ein Prüfstein für die Ernsthaftigkeit der "Arbeitsplatzsorgen" der CDU, darüber eine Nachvereinbarung zu verlangen.

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