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Risiko für die Welt. US-Ökonom Nouriel Roubini sorgt sich um den Euro.Foto: Keystone

© dpa

Wirtschaft: Schwellenländer liegen vorn

Beim Forum in Davos sehen EU und USA alt aus

Davos - Nach der Krise ist vor der Krise: Auf diesen Nenner lässt sich die Stimmung beim Weltwirtschaftsforum bringen, das am Mittwoch in Davos begonnen hat. Rund 2500 Politiker, Manager und Wissenschaftler aus aller Welt diskutieren in dem Schweizer Kurort bis zum Sonntag vor allem über die Stärke der Schwellenländer, die Schwäche der USA und die Schuldenkrise in Europa. Am Donnerstag will Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprechen, am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel.

„Was in der Euro-Zone passiert, ist sicher eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft“, warnte US-Ökonom Nouriel Roubini. Einige Staaten wie Griechenland seien nahezu insolvent, während es an der Peripherie kein Wachstum gebe. „Die Stimmung im Finanzmarkt ist besser, aber die fundamentalen Probleme der Euro-Zone bleiben ungelöst.“ Angesichts der Währungsturbulenzen zwischen Dollar, Yuan und Euro und der weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte drohe die Gefahr von Handelskriegen.

Roubini stellte zudem die G 20, also den Zusammenschluss der größten Industrie- und Schwellenländer infrage, und sagte, stattdessen steuere die Welt nun auf „G Null“ zu: „Es gibt keinen Anführer und keine gemeinsame Politik.“ Ähnlich sieht es James Turley, der Vorstandschef des Wirtschaftsprüfungskonzerns Ernst & Young: „Die weltweite Kooperation wird schwerer, nicht leichter.“ Chanda Kochhar, Chefin von ICICI, der größten Privatbank Indiens, warnte vor zunehmenden Ausschlägen der Märkte. „Wir müssen uns daran gewöhnen, Unternehmen und Regierungsprogramme so zu managen, dass wir die höhere Volatilität berücksichtigen.“

Dabei wird die aktuelle Wirtschaftslage als gut empfunden. „Wir sind überrascht, wo wir stehen“, sagte etwa Martin Sorrell, Gründer und Chef von WPP in London, dem weltgrößten Werbekonzern. Hätte man ihm im Herbst 2008 gesagt, dass die Weltwirtschaft 2010 um fünf Prozent zulegen werde, hätte er das nie geglaubt, fügte er hinzu. Trotzdem empfänden die großen Konzerne Unsicherheit, so dass sie sich auf Investitionen in den Schwellenländern konzentrierten, um von deren starkem Wachstum zu profitieren.

Dort wird das nicht nur positiv gesehen. Der Westen fordere immer, dass sich Indien für die Industrie öffnen müsse, öffne sich selbst aber nicht für ausländische Dienstleistungen, kritisierte Azim Premji, Multimilliardär und Inhaber der indischen IT-Gruppe Wipro. „Das kann keine Einbahnstraße sein.“ Mit zunehmenden Einkommen nehme die Nachfrage in Schwellenländer zu, und das verändere die Weltwirtschaft. „Mit Blick auf den Konsum verschiebt sich wirklich das Machtgleichgewicht.“

Nestlé-Chef Paul Bulcke wertete das positiv. „Ich bin zuversichtlich, weil die Welt wächst“, sagte er. „Wir sehen jetzt sehr viel selbstsichere Entwicklungsländer, die ihren eigenen Weg gehen.“ Zhu Min, ehemals Vize-Chef der chinesischen Zentralbank und seit knapp einem Jahr Top-Berater beim IWF in Washington, warnte dagegen, dass nicht die ganze Welt den „American Way of Life“ übernehmen könne. Für ein großes Haus und ein großes Auto für jeden fehlten schlicht die Ressourcen. Moritz Döbler

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