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Wirtschaft: Schwierige Suche nach der richtigen Steuerstrategie Anlageprofis uneins über die Folgen der rotgrünen Steuerpläne

Frankfurt (Main) (ckk/HB). Sir John Templetons Rat an Anleger ist knapp und präzise: „Das oberstes Ziel ist der höchstmögliche Gewinn nach Steuern.

Frankfurt (Main) (ckk/HB). Sir John Templetons Rat an Anleger ist knapp und präzise: „Das oberstes Ziel ist der höchstmögliche Gewinn nach Steuern.“ So erwirtschaftete der Gründer der Templeton Fonds hohe Gewinne. Nicht weniger knapp, dafür bislang unpräzise heißt es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung: „Die Steuerpflicht von Privatpersonen für Veräußerungsgewinne wird erweitert." Für Anleger heißt das: Die Nachsteuerrendite der Anlageform Aktie wird wahrscheinlich sinken – und das womöglich schon ab dem 1. Januar 2003.

Bislang waren Gewinne aus Aktienverkäufen nach Ablauf einer Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei. Künftig sollen sie in jedem Fall besteuert werden. „Die Verunsicherung bei den Anlegern ist groß, der Beratungsbedarf stark gestiegen", sagt Klaus Weber, Direktor Financial Planning bei UBS Deutschland. „Wenn der Staat Gewinne aus Spekulationsgeschäften besteuert, fällt der Steuervorteil der Aktie als Direktanlage gegenüber Zinsprodukten weg", glaubt auch Jörg Laser, Leiter Produkt und Portfoliomanagement der Privatbank Conrad Hinrich Donner. „Die Bedeutung von festverzinslichen Produkten für eine attraktive Rendite nach Steuern wird dann steigen", sagt Laser.

Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut warnt: „Gewinne aus Aktienanlagen sind bereits Nachsteuergewinne. Eine Besteuerung der Spekulationsgewinne ist faktisch eine Doppelbesteuerung und ein eklatanter Nachteil für die Anlageform Aktie.“ Auch die Unterscheidung zwischen Dividendenpapieren und Wachstumsaktien sei dann aus steuerlicher Sicht hinfällig. Bislang waren Wachstumswerte, die ihre Gewinne thesaurieren, steuerlich attraktiver. Dividenden mussten hingegen versteuert werden.

„Anleger sollten den Entscheidungsprozess genau beobachten, um rechtzeitig Konsequenzen für die Depotstruktur zu ziehen", rät Helmut Kaiser, Leiter Anlagestrategie Privatkunden bei der Deutschen Bank. Selbst wenn sich der Entscheidungsprozess über die Besteuerung noch in das Jahr 2003 hinzieht, ist eine rückwirkende Regelung möglich.

„Wir raten Anlegern mit einem Anlagehorizont bis in die ersten Monate des nächsten Jahres angesichts der unklaren Lage zu Gewinnmitnahmen", sagt Kaiser. Auch UBS-Experte Weber meint: „Wer noch stille Reserven an Wertpapieren in seinem Depot hält, kann mit einem Verkauf vor dem Hintergrund der Pläne auf die sichere Seite gehen." Peter Knacke, Wertpapierstratege bei der Commerzbank, hält dies für ein schlechtes Timing angesichts des Fünfjahrestiefs, auf den die Aktienmärkte zusteuern. Außerdem rät er Anlegern, die noch auf ihren Verlusten sitzen, diese vorerst nicht glatt zu stellen. „Bei der geplanten Neuregelung könnten Verluste dann auch effektiver mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden", meint Knacke.

Ralf Zimmermann, Aktienstratege von Sal. Oppenheim, meint, dass eine Besteuerung von Spekulationsgewinnen nach einem bestimmten Stichtag zu Kursturbulenzen führen könnte. „Viele Anleger werden ihre Papiere, mit denen sie weit im Plus notieren, dann noch rechtzeitig veräußern. Das kann besonders bei wenig gehandelten Nebenwerten zu Kursverlusten führen", warnt er.

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