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Wirtschaft: Scrollen statt Blättern

eBook-Portale breiten sich im Internet aus - mit Leseproben, Kommentaren, Bewertungen und einem durchweg günstigen Preis. (30.05.2005, 13:11 Uhr)

Hamburg/München - Ein Fachbuch für letzte Änderungen an der Präsentation, ein Wörterbuch und ein Schmöker für das Warten am Flughafen - mit dieser Literatur erreicht jede Reisetasche ein beachtliches Gewicht. Damit die Information dabei ist, aber die Arme nicht länger werden, gibt es immer mehr Bücher auch in elektronischer Form: als so genanntes eBook. Spezielle Portale im Internet haben sich auf den Verkauf spezialisiert -

«Die Verlage geben uns die Preise vor», sagt Per Dalheimer, Geschäftsführer von «libri.de» in Hamburg, das seit März 2005 seine Seiten um ein eBook-Portal erweitert hat. Dennoch liegen sie rund 10 bis 20 Prozent unter dem Ladenpreis des gedruckten Werks. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels berät zurzeit über die endgültige Einordnung der eBooks als Buch oder als Softwareprodukt - und damit, wie es um die Buchpreisbindung steht.

Die Vorteile eines elektronischen Buches im Gegensatz zur gedruckten Ausgabe liegen für Dalheimer auf der Hand. «Man muss sich bei einem Roman nicht merken, wo man aufgehört hat zu lesen», sagt er. Vielmehr setze die Software ein Lesezeichen und «merke» sich die Stelle. Wer fremdsprachige Literatur liest, kann sie mit Wörterbuchsoftware auf dem Notebook, einem kleinen Taschencomputer oder dem Smartphone verknüpfen. «Damit braucht man nicht lange in einem Extrabuch nachschlagen.» Auch Kommentierungen einzelner Stellen seien damit kein Problem.

Während bei «libri.de» mit der universellen Lesesoftware von mobipocket gearbeitet wird, verkaufen zahlreiche andere Portale den Lesestoff als pdf-Dateien. Gemein ist beiden Formaten allerdings der Kopierschutz, der vor der unrechtmäßigen Weiterverbreitung der Literatur schützt. «Sonst hätten die Verlage gar nicht mitgemacht», sagt Norbert Hofherr, einer der Geschäftsführer des Portals «ciando.de».

Während des Downloads werden in der Regel die Daten mit dem Rechner des Nutzers verschlüsselt. Wird der Rechner dann mit einem Taschencomputer synchronisiert, ist die Literatur auf beiden Geräten zu lesen. Weitere Geräte kommen allerdings nicht in den Genuss des Skripts. «Man kann mit einer zweiten ID einen Titel quasi verleihen», erklärt Dalheimer. Dann allerdings ist es wie beim richtigen Buch: «Wenn ich es verleihe, kann ich selbst nicht drin lesen.»

Der Erwerb eines eBooks ist einfach. Einen Computer mit einem möglichst schnellen Internet-Zugang braucht es und mitunter eine Kreditkarte. Neben der Kartenzahlung und dem Lastschriftverfahren kann bei einigen Anbietern auch auf Rechnung gezahlt werden. «Die Auslieferung läuft bei uns in jedem Fall sofort», sagt Hofherr von «ciando.de». Bei anderen Anbietern können bis zu 48 Stunden vergehen.

«Ciando.de», nach eigenen Angaben das größte eBook-Portal, hat sich einen speziellen Kundenstamm gesichert. Mehr als 32 000 Nutzer sind bei dem Unternehmen registriert, das als virtueller Buchladen für Sach-, Fach- und Lehrbücher in München gestartet ist. Inzwischen ist das Programm erweitert und auch die Nutzer sind andere, als die Gründer zunächst im Visier hatten.

«Studenten waren unsere ursprüngliche Zielgruppe», erzählt Hofherr. Inzwischen werden die Seiten eher von Arbeitnehmern genutzt. «Die brauchen schnell einen Fachaufsatz oder auch mal ein ganzes Fachbuch, das sie ohne Zeitverzögerung bei uns bekommen», sagt er.

Positiver Nebeneffekt dieser Klientel: «Geschäftsleute kaufen auch mal ein Fachbuch für 100 Euro - wenn es das ist, was sie brauchen.» Studenten hingegen schauten sich genauer an, welche Teile eines Buches sie brauchen und kaufen dann kapitelweise. Dennoch haben die «ciando.de»-Gründer ihre ursprüngliche Zielgruppe nicht aus den Augen verloren: «Studenten bekommen Ermäßigungen auf die Kapitel- und Buchpreise, wenn sie sich mit einer Immatrikulationsbescheinigung bei uns identifizieren.»

Ebenfalls sehr speziell ist die Zielgruppe der elektronischen Publikationen von «Gentlemen's Digest» in Berlin. Mehr als 500 eBooks aus den Kategorien Business und Lifestyle gibt es dort, ausgesucht und verfasst für die «Zielgruppe Mann», sagt Geschäftsführer Norbert Schober. «GD» macht sich einen weiteren Vorteil der elektronischen Publikationen zu Nutze: «Rund 300 Publikationen werden von uns im Eigenverlag herausgebracht», sagt Schober.

Dabei werde oftmals eine publizistische Lücke zwischen Fachartikel und Fachbuch geschlossen. «Ganze Bücher braucht man selten, und die Artikel sind manchmal zu kurz», erläutert Schober. Für die Kurzbücher spreche zudem, dass sie regelmäßig aktualisiert werden können.

Während «ciando.de» wegen der großen Nachfrage sein Sortiment gerade um Belletristik und Reiseliteratur erweitert hat, ist dies das Kerngeschäft von «libri.de». Wegen der zögerlichen Begeisterung der Verlage, der Sorge um den Kopierschutz und weil das Angebot noch im Aufbau ist, liegen dort allerdings mehr fremdsprachige als deutsche Titel vor. Ein Bruchteil der Titel ist auch bei Online-Buchläden wie «amazon.de», «buch.de» und «bol.de» nur als eBooks erhältlich. Dies allerdings soll sich in Zukunft ändern, denn die Verlage entdecken das Internet als Vertriebsweg. (Von Verena Wolff, dpa)

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