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Wirtschaft: Sehnsucht nach einer neuen Weltorganisation

„Energieaußenpolitik“ sei ein wichtigesHandlungsfeld, heißt es bei einer Tagung im Auswärtigen Amt

Berlin - Da die Politik immer stärker das Geschehen auf den Energiemärkten beeinflusst, müssen womöglich neue, multilaterale Institutionen geschaffen werden, um die vielfältigen Interessen zu moderieren. Joachim Wuermeling (CSU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ist für die Einrichtung einer „World Energy Organization“ und schließt sich damit Peter Sutherland an, dem früheren EU-Kommissar und jetzigen BP-Manager. Die mutmaßliche Notwendigkeit neuer Institutionen stand im Mittelpunkt einer Tagung des Auswärtigen Amtes und der Holtzbrinck-Verlagsgruppe, in der auch diese Zeitung erscheint, am Donnerstag in Berlin. Gernot Erler, Staatsminister im Außenministerium, kündigte eine Konferenz im Dezember in Berlin an, zu der sein Chef, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, unter anderem die Außenminister der G-8-Staaten einladen werde. Der Begriff „Energieaußenpolitik“ sei inzwischen gebräuchlich, so Erler, weil der Wettbewerb um die Ressourcen sich forciere und Konfliktpotenzial beinhalte.

„Der Ton in der Energiepolitik wird international schärfer“, hat Wuermeling beobachtet. Gleichzeitig verschwinde zunehmend das Vertrauen in die Marktmechanismen. Die bestehenden Institutionen würden Komplexität und Gewicht der Materie nicht mehr gerecht, meinte der Wirtschaftspolitiker. Die Internationale Energieagentur repräsentiere nur die Verbraucherländer, die Opec nur die Ölförderländer und das Internationale Energieforum biete zwar die Möglichkeit des Austauschs, das aber zu selten. „Es gibt keine Institution, die gegenwärtig alle Länder vertritt und alle Themen anpackt“, sagte Wuermeling. Eine Möglichkeit zur besseren Abstimmung sieht der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär in einer Erweiterung des EU-Energiemarktes um weitere Länder.

Dem widersprach ein BP-Vertreter mit dem Hinweis, dass es in der EU noch keinen einheitlichen Energiemarkt gebe. Sein Kollege Stefan Liebing von Shell appellierte an die Politik, verlässliche Vorgaben zu machen, an denen sich die Industrie, zum Beispiel bei der Forschung, orientieren könne. Liebing betonte die Bedeutung des Vertrauens in den internationalen Energiebeziehungen und wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass Russland als das dominierende Gaslieferland noch nie Verträge gebrochen habe. Er plädierte dafür, Abhängigkeit insofern auszubauen, dass sich russische Förderfirmen bei westeuropäischen Stromerzeugern beteiligten und umgekehrt. Nach Einschätzung des Shell-Managers wäre das ein Schritt zu mehr Liefersicherheit, auch wegen der Hilfe zur Modernisierung der russischen Infrastruktur. alf

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