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Wirtschaft: Selbstheilende Kräfte

Viele Patienten wählen ihre Erkältungsmedikamente gekonnt selbst aus – erst recht seit der Gesundheitsreform

Lassen Sie sich von den frühlingshaften Temperaturen nicht täuschen. Noch herrscht Hochsaison für Erkältungskrankheiten. Erst im März/April ist die Saison vorbei. „Im Moment ist mein Wartezimmer voll“, sagt Hausarzt Dietrich Sternberg aus Berlin Neukölln. Das belegt auch die Statistik. Im vergangenen Jahr machten Apotheken in Deutschland im Februar mit Grippe- und Erkältungsmitteln den höchsten Umsatz. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts IMS Health setzten die Apotheker allein in diesem Monat 153 Millionen Euro mit rezeptfreien Erkältungs- und Grippemitteln um. Zum Vergleich: Im August 2003 waren es nur 49 Millionen Euro.

Einen immer größeren Anteil der Kosten für die Linderung von Husten, Schnupfen, Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen müssen die erkälteten Patienten seit Januar selbst tragen. Zwar war es auch schon bisher so, dass nach Angaben von IMS Health 74 Prozent der Erkältungsmittel von den Kranken ohne Rezept erworben wurden. Und nur ein sehr geringer Teil der Erkältungsmittel sind überhaupt rezeptpflichtig. Doch wer sich früher beim Arzt ein Rezept holte, konnte sich die Präparate von der Kasse bezahlen lassen. Seit In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform im Januar ist das anders. Bis auf wenige Ausnahmen muss der Patient jetzt selbst zahlen.

Nasenspray aus dem Meer

Wer auf den Arztbesuch verzichten und sich dennoch nicht auf alte Hausmittel verlassen will, der findet auch in der Apotheke Rat. Zwar gebe es bei Mitteln gegen Husten und Schnupfen nur wenig echte Innovationen, weil sich für die Pharmaindustrie die hohen Kosten für die Forschung bei diesen Bagatellkrankheiten nicht lohnten, heißt es beim Apothekerverband. Dennoch kommt immer wieder Neues auf den Markt. Da Erkältungskrankheiten jedoch durch Viren ausgelöst werden, die sich immer wieder rasch verändern, gibt es keine Präparate, die die Viren bekämpfen. Die Behandlung beschränkt sich darauf, die Beschwerden zu lindern.

Dabei gibt es auch bei Medikamenten Trendprodukte. Wählten Menschen, die eine nahende Erkältung spürten, früher zur Stimulierung des Immunsystems vielfach Echinacin (von Madaus 50 Milliliter, 8,07 Euro), greifen sie heute häufig auch zu Umckaloabo, hat Apotheker Detlev Glaß aus Berlin Prenzlauer Berg beobachtet. Umckaloabo (50 Milliliter, 18,70 Euro) heißt aus der Zulu-Sprache übersetzt „schwerer Husten“ und soll verhindern, das eben dieser überhaupt ausbricht. Zur Stärkung der Immunabwehr empfiehlt der Apotheker auch Kombipräparate aus Vitamin C und Zink.

Und wenn die Abwehr dennoch versagt? Gegen die Standardsymptome empfiehlt Glaß ein neues Medikament von Bayer „Aspirin complex“ (zehn Beutel Granulat, 6,95 Euro). Neben der schmerzstillenden Wirkung lässt es die Nasenschleimhäute abschwellen. „Der Patient kann wieder frei atmen und die Wirkung hält länger an, als bei Nasensprays“, sagt der Apotheker. Bei Nasensprays bestehe zudem die Gefahr, dass sie die Nasenschleimhaut schädigen und sogar zur Abhängigkeit führen können, sagt Glaß. Wer etwas für seine Nasenschleimhäute tun will, sollte lieber auf ein Produkt aus der breiten Angebotspalette der Meerwassersprays zurückgreifen. Sie befeuchten, reinigen und pflegen gestresste Schleimhäute (zum Beispiel Mar plus, 20 Milliliter, 2,98 Euro). „Dabei muss man allerdings wissen, dass die Wirkung erst später eintritt, als bei klassischen Nasensprays, dafür haben sie keine Nebenwirkungen“, sagt Apotheker Glaß.

„Die Nase fit halten“, ist auch eine der Empfehlungen von Hausarzt Sternberg, um eine Erkältung zu vermeiden. Sollte die Selbstbehandlung fehlschlagen oder Fieber hinzukommen, das länger als fünf Tage anhält, sollte man auf jeden Fall den Arzt aufsuchen.

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