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Wirtschaft: „Senat ist beim Klimaschutz zu zögerlich“ BUND-Chef Jarfe erklärt, wie die Stadt grün wird

Herr Jarfe, Berlins Klimabilanz ist im internationalen Vergleich nicht übel. Kann sich die Stadt etwas darauf einbilden?

Herr Jarfe, Berlins Klimabilanz ist im internationalen Vergleich nicht übel. Kann sich die Stadt etwas darauf einbilden?

Ja und nein. Sicherlich tun Politik und Wirtschaft etwas für den Klimaschutz. Gleichwohl ist die Statistik trügerisch, denn Berlin importiert große Mengen Energie aus dem Umland. Das taucht in der CO2-Bilanz natürlich nicht auf.

Mit gut fünf Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr liegt die Stadt unter dem Bundesschnitt.

Das ist trotzdem zu viel. Auf den Lorbeeren darf sich niemand ausruhen. Für das Energiesparen gibt es noch ein großes Potenzial.

Wo denn?

Das Ziel sind zwei Tonnen CO2 pro Kopf – doch so viel verursacht jeder Bürger allein schon für Heizung und Warmwasser. Anders herum: 53 Prozent des Endenergiebedarfs Berlins entfallen auf die Wärme. Hier liegt das größte Potenzial – und nicht beim Stromsparen.

Nicht jeder Wohnblock lässt sich zum Passivhaus umrüsten, das wäre unbezahlbar.

Häuser zu dämmen, moderne Fenster und effiziente Heizungen einzubauen, ist aber die wirkungsvollste Art, Energie zu sparen. Es gibt drei Ansatzpunkte: Jeder Einzelne muss etwas tun, die Politik kann Förderprogramme aufsetzen, oder sie zwingt die Leute per Gesetz zum Klimaschutz – etwa mit hohen Standards bei Neubauten oder Häusersanierungen. Der Senat ist hier noch sehr zögerlich.

Was kostet es, den CO2-Ausstoß auf zwei Tonnen zu reduzieren?

Das ist schwer zu beziffern. Natürlich spielt Geld eine Rolle. Aber wir müssen nicht Milliarden in die Hand nehmen, um das Klima besser zu schützen. Allein einen WLAN-Router nachts abzuschalten, bringt 15 Euro Ersparnis pro Jahr. Bei Kühlschränken oder alten Fernsehern gibt es ebenso eine Menge Spielraum. Und erst bei Großverbrauchern: Unsere Energieberater finden bei Kliniken oft Einsparpotenziale von einem Viertel.

Wie sieht es beim Verkehr aus?

Die CO2-Emissionen gehen in Berlin kaum zurück – obwohl neue Autos immer weniger ausstoßen und immer weniger Bürger einen Wagen besitzen. Das Angebot im öffentlichen Nahverkehr ließe sich noch ausbauen, außerdem verbrauchen BVG und S-Bahn noch viel zu viel Energie – und die stammt oft auch noch aus Kohle- oder Atomkraftwerken. Verheerend für das Klima ist aber das heftige Wachstum des Flugverkehrs. Schon deshalb brauchen wir ein Nachtflugverbot, und eine dritte Startbahn darf es auf keinen Fall geben. Ein internationales Drehkreuz BER würde viele Anstrengungen für den Klimaschutz zunichtemachen.

Andreas Jarfe (46)

ist Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Das

Gespräch führte

Carsten Brönstrup.

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