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Wirtschaft: SERIE: ABGESTÜRZT (7)

Jürgen Schneider sitzt im Knast.Vom Gericht im vergangenen Dezember zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Jürgen Schneider sitzt im Knast.Vom Gericht im vergangenen Dezember zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.Aus den Schlagzeilen kommt der 63jährige dennoch nicht heraus.Erst Ende Juli wurden zwei Schweizer Eheleute als mutmaßliche Fluchthelfer von Schneider aus den USA nach Deutschland ausgeliefert.Die beiden sollen Schneider und dessen Frau im Frühjahr 1994 die Flucht und das anschließende versteckte Leben in Miami ermöglicht haben.Jetzt sitzt das Paar, wie Schneider, in Frankfurt (Main) im Gefängnis.

Schneiders mutmaßliche Fluchthelfer haben sich damit fast zwei Jahre länger als der Immobilienpleitier selbst in Florida aufgehalten.Der von den Medien gerne als "Baulöwe" titulierte Schneider war nach dem Zusammenbruch seines Imperiums in den sonnigen Süden der USA geflüchtet und im Mai 1995 in Miami festgenommen worden.Den Schweizern erging es jetzt nicht anders.Zielfahnder des Bundeskriminalamtes machten sie in den Vereinigten Staaten ausfindig, die US-Polizei nahm sie fest.

Nachdem sie bei einem Haftprüfungstermin dann nicht wie gewünscht gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wurden, willigte das Paar in die Auslieferung ein.Nach Angaben von Schneider haben die beiden 500 000 DM für ihre Dienste bekommen.Nun wird vermutlich das gerichtliche Nachspiel in Frankfurt folgen.

Ob die Fluchthelfer wegen Strafvereitelung angeklagt und schließlich verurteilt werden, ist noch offen.Jürgen Schneiders Frau Claudia dagegen kam bereits mit einem blauen Auge davon.Anfang Juni hat das Landgericht ihr Verfahren gegen Auflagen eingestellt.Claudia Schneider-Granzow muß lediglich 500 Stunden gemeinnützige Arbeit in einer kirchlichen Einrichtung ableisten.Schneider-Granzow war im Firmennetz ihres Mannes als persönlich haftende Unternehmerin eingetragen.

Ihr blieb damit der Gang erspart, den Jürgen Schneider am 22.Januar diesen Jahres antreten mußte: Es war der Tag, an dem er sich im Gefängnis melden mußte, um den Rest seiner Strafe anzutreten.Die 31monatige Auslieferungs- und Untersuchungshaft werden ihm dabei voll angerechnet.So darf der Betrüger auch seit Anfang Mai Zelle und Haftanstalt tagsüber als Freigänger wieder verlassen.

Der ehemalige Immobilienunternehmer gilt als einer der bekanntesten Männer Deutschlands.Mittlerweile muß er sich mit einigen wenigen Quadratmetern hinter schwedischen Gardinen begnügen, doch zu seinen besten Zeiten war der Mann aus dem Taunusstädtchen Königstein der größte private Immobilieninvestor Deutschlands.

Als sein kunstvolles Unternehmensgebilde im Frühjahr 1994 zusammenbrach, hatte er sich bei über 50 Banken mehr als fünf Mrd.DM geliehen.Nach 41 Verhandlungstagen vor Gericht war eines Ende Dezember vergangenen Jahres klar: Schneider genügten zum Teil plumpe Tricks, um die Millionen auf seinen Konten zu sammeln.Zeitweise sah die Verhandlung mehr wie ein Tribunal über Deutschlands mächtigste Geldhäuser, denn über Jürgen Schneider aus.

"Kompletten Blödsinn" hat er nach eigenen Angaben den Geldgebern aufgetischt, um an die Kredite zu kommen.Mit dem geborgten Geld war er übrigens auch in Berlin aktiv: Beim Kauf des Kurfürstenecks in Charlottenburg genügten offensichtlich einige Spielereien und ein saftiges Handgeld, um in den Besitz des Renommierbaus zu bekommen.

Ob man die Phantasie Schneiders nach der Haftentlassung im Zaum wird halten können? Womöglich hat sich der windige Unternehmer bereits das Gefängnis, in dem er sitzt, im Zuge der Privatisierungen durch die öffentliche Hand gekauft und verdient nun noch kräftig an der eigenen Inhaftierung.

JOACHIM HOFER

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