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Gebührenfalle Telefon. Der Anruf bei einer 0900er-Nummer kann bis zu drei Euro pro Minute kosten.

© picture alliance / dpa

Servicenummern: Bei Anruf teuer

Auch Wartezeiten bei Servicenummern kosten. Die Verbraucherministerin will das ändern, der Wirtschaftsminister blockiert das. Bis Mitte 2011 müssen die europäischen Regeln umgesetzt werden.

Berlin - Service sieht anders aus. 45 Minuten verbrachte ein Berliner Fluggast in der telefonischen Warteschleife, bis er endlich eine Mitarbeiterin des Flugportals Fluege.de am Telefon hatte. So lange wurde er hingehalten – mit Reggae als Pausenmusik. Weil er die Auskunft dringend brauchte, ertrug der genervte Kunde nicht nur das Gedudel, sondern auch die hohen Gebühren: 14 Cent pro Minute kostet die 01805er-Hotlinenummer – macht 6,30 Euro. Wer vom Handy aus die Hotline anruft, muss sogar bis zu 42 Cent pro Minute ausgeben. 45 Warteminuten kosten hier fast 19 Euro.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will mit dieser Abzocke am Telefon Schluss machen. „Wichtig ist, dass der Kunde erst von dem Moment an bezahlen muss, in dem er auch tatsächlich eine Gegenleistung erhält“, fordert die Ministerin. Bisher wird man auch zur Kasse gebeten, wenn man nur in der Warteschleife hängt und „auf den nächsten freien Anrufplatz“ wartet. Und das tun Verbraucher in Deutschland täglich. Nach einer Untersuchung der Grünen dauert es bei 45 Prozent der 0180er- Nummern mehr als 1,5 Minuten, bis man einen Gesprächspartner erreicht hat, bei Debitel und Axa waren es im Schnitt sogar drei bis sechs Minuten. Bis dahin wartet man und zahlt. Wie viel, ist gesetzlich festgelegt und hängt davon ab, um welche Nummer es sich handelt

Bundesverbraucherministerin Aigner will das ändern, doch für Telekommunikation ist ihr liberaler Kabinettskollege Rainer Brüderle zuständig. Sein Wirtschaftsministerium muss dafür sorgen, dass bis Mitte 2011 der neue europäische Telekommunikations-Rechtsrahmen in deutsches Recht umgesetzt wird. Auch das Hotlineproblem spielt dabei eine Rolle. Doch anders als Aigner schlägt sich Brüderle nicht auf die Seite der Verbraucher. „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wirkt darauf hin, verbraucherfreundliche Lösungen zu finden, die gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig sind“, heißt es im Ministerium auf Anfrage.

Seit Wochen verhandeln Vertreter beider Ministerien über eine gemeinsame Linie – bislang ohne Erfolg. Doch jetzt wird es auch Brüderles Parteifreunden zu bunt. Der verbraucherschutzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Erik Schweickert, hat kürzlich ein Eckpunktepapier vorgelegt, nach dem Warteschleifen bei telefonischen Mehrwertdiensten (0137er-, 0180er- und 0900er-Nummern) kostenfrei sein sollen. An diesem Dienstag soll das Papier in der zuständigen Arbeitsgruppe der Fraktion beschlossen werden. Damit soll Brüderle dazu bewegt werden, auf den Aigner-Kurs umzuschwenken.

Das hofft auch der oberste Verbraucherschützer Deutschlands, Gerd Billen. „Beim Bäcker müssen die Verbraucher für das Warten in der Schlange ja auch kein Geld bezahlen, sondern erst wenn sie bedient werden und die Brötchen erhalten“, sagte der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), dem Tagesspiegel. Billen glaubt, dass die Gebührenschinderei Methode hat. „Unsere Beobachtung ist, dass bei vielen Unternehmen teure und lange telefonische Warteschleifen scheinbar zum Geschäftsmodell gehören.“

Tatsächlich verdienen die Firmen daran, dass die Verbraucher in der Warteschleife hängen. Ruft man aus dem Festnetz eine Servicenummer an, bekommen die Diensteanbieter wie Lufthansa, Vattenfall oder Debitel zwischen 75 und 90 Prozent der Nettosumme, heißt es beim VATM, dem Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten. Bei Anrufen per Handy halten sich auch noch die Mobilfunkunternehmen schadlos – auf Kosten der Verbraucher. Diese Firmen haben daher ein besonders großes Interesse daran, dass Warteschleifen bei 0180er- und den noch deutlich teureren 0900er-Rufnummern (Gebühren bis zu drei Euro/Minute) kostenpflichtig bleiben, vermutet der VZBV. Billen geht das gegen den Strich: Auch wenn Anrufer eine Hotline vom Handy anrufen, soll die Wartezeit kostenfrei sein, fordert der Verbraucherschützer.

Doch selbst wenn der Wirtschaftsminister umschwenkt, wird sich bei den 0180er-Nummern zunächst nichts ändern. Denn anders als bei den 0900er- Nummern fehlen hier noch die technischen Voraussetzungen, um Wartezeiten aus der Gebührenberechnung herauszunehmen. „Bisher werden die Anrufe über den Netzbetreiber des Kunden abgerechnet“, berichtet René Henn von der Bundesnetzagentur. Und der erfasst nur, ab wann die Verbindung technisch zustande gekommen ist. Doch Abhilfe ist in Sicht. Künftig sollen Lufthansa und Co. die Möglichkeit bekommen, auch 0180er- Anrufe so abzurechnen, dass Wartezeiten herausgerechnet werden. Ein entsprechendes Verfahren läuft bei der Netzagentur.

Unternehmen, die auf Kundenfreundlichkeit Wert legen, können schon jetzt auf 0800er-Nummern ausweichen. Diese sind für die Verbraucher kostenlos. Viele Firmen haben das bereits getan – dazu zählen etwa die Deutsche Bahn, die Deutsche Bank und auch die Rentenversicherung. Pfiffige Verbraucher können aber auch auf eigene Faust sparen, indem sie die teuren Servicenummern umgehen. Viele Firmen sind nämlich auch über billigere Festnetznummern zu erreichen. Welche das sind, finden Sie im Internet unter www.0180.info.

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