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Sexbetriebe: Finanzämter profitieren zunehmend von Bordellen

Berlin zählt rund 500 Bordelle und zahlreiche andere Sexbetriebe. Durch eine Pauschalsteuer und Kontrollen kommt auch der Fiskus auf seine Kosten - auch wenn das Steueraufkommen noch überschaubar ist.

Wer Sex für Geld anbietet, kann das seit zehn Jahren legal tun. Das 2001 beschlossene Prostitutionsgesetz ermöglicht Huren, einer Krankenkasse beizutreten und für ihre Dienste zu werben – seitdem fallen aber auch Steuern an. Auch Berlin profitiert von der Sexarbeit: Pro Jahr werden rund 600.000 Euro aus Berliner Bordellen an den Fiskus abgeführt. In den ersten sechs Monaten 2011 waren es 260.000 Euro. Eigens dafür hatte die Finanzverwaltung eine Pauschalsteuer eingeführt: Prostituierte in Bordellen zahlen anonym 30 Euro pro Arbeitstag – dem liegt die Annahme zugrunde, dass drei Kunden zu je 50 Euro üblich sind, also 150 Euro Umsatz zusammenkommen. Weil man in der Branche jedoch gerne unter sich bleibt, ist das Steueraufkommen noch so gering. Insgesamt sollen schließlich 6000 Frauen in Berlin im Schnitt 2000 Euro im Monat durch Sex verdienen, wird geschätzt. Exakte Zahlen haben die Behörden nicht. Vor allem die Wohnungs- und Hotelprostitution sei kaum kontrollierbar, heißt es von der Senatsfinanzverwaltung. „Es gibt Frauen, die bieten sich nur im Bekanntenkreis an“, sagt ein Steuerfahnder. Doch inzwischen wird schärfer kontrolliert. Selbst auf der als Drogenstrich bekannten Kurfürstenstraße tauchten regelmäßig Finanzbeamte auf, sagt Michaela Klose vom Frauenhilfsprojekt Olga.

Hurenvereinigungen und Bordellbetreiber wehren sich gegen Vorwürfe, das Milieu arbeite undurchsichtig. Sie sagen, die meisten Prostituierten zahlten Steuern, nur nicht unter der Bezeichnung „Prostituierte“, sondern als Hostess, Coach oder Begleitservice. „Unser Steuerberater ist jedenfalls ausgebucht“, sagt Simone Kellerhoff von der Hurenvereinigung Hydra. Fahnder bestätigen, dass ihnen die meisten Frauen in Bordellen inzwischen eine Steuernummer zeigen. „Beim Finanzamt sind sie dann als ,Künstlerin’ gemeldet“, sagt ein Beamter. Weil aber weder Freier noch Frau über den Umfang ihrer Geschäfte sprächen, sei es unmöglich, den genauen Umsatz zu ermitteln. „Aber das ist überall dort so, wo keiner eine Quittung verlangt“, sagt er. Viele Kneipen und Imbisse rechneten auch nicht genauer ab als Bordelle.

Steuerehrlichkeit führt für Huren immerhin dazu, dass sich berufsbedingte Ausgaben wie Kondome absetzen lassen. „So läuft das in anderen Jobs ja auch“, sagt Kellerhoff von Hydra. Da die Branche groß ist (Studien zufolge hat jeder zweite Mann schon für Sex bezahlt), fordern einige eine Innung, die wie in anderen Berufen bestimmte Standards durchsetzen sollte. Die Wirtschaftsverwaltung will in den noch „unzureichend regulierten Bereichen“ ebenfalls mehr Transparenz. Dass die Nachfrage nach käuflichem Sex nicht nachlässt, zeigen die 80 vergangenes Jahr neu angemeldeten Bordelle. Weil nicht klar ist, wann ein Betrieb vorrangig der Sexarbeit dient, wird davon ausgegangen, dass noch doppelt so viele „Massagesalons und Erlebnisbars“ dazuzuzählen sind.

Inzwischen gibt es rund 500 bekannte Bordelle in Berlin. Eine Betreiberin berichtet, dass sich viele neue Frauen bei ihr meldeten. Eine Vollzeit-Verkäuferin habe ihr erzählt, dass ihr bisher monatlich 900 Euro netto geblieben seien: „Da kann sie mit Sex dreimal so viel verdienen, selbst wenn sie ordnungsgemäß ihre Steuern zahlt.“

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