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Siemens-Affäre: Noch ein Ex-Vorstand im Visier der Ermittler

In der Schmiergeldaffäre bei Siemens wird der Ton gegen die ehemalige Führungsspitze des Konzerns rauer. Neben dem langjährigen Vorstandschef Heinrich von Pierer gerät nun ein weiterer ehemaliger Konzernvorstand ins Visier der Staatsanwaltschaft.

Nach der früheren Telekommunikationssparte Com gebe es nun auch Ermittlungen in der ehemaligen Siemens-Sparte Energieverteilung, deren früherer Chef Uriel Sharef als Beschuldigter geführt werde. Dies sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler am Montag in München. Er bestätigte damit einen Bericht des "Handelsblattes". Zu Art und Umfang der Vorwürfe gegen Sharef wollte sich Winkler nicht äußern. Auch ein Siemens-Sprecher wollte mit Verweis auf laufende Ermittlungen keine Stellungnahme abgeben.

In der Schmiergeld-Affäre geht es um 1,3 Milliarden Euro an dubiosen Zahlungen, die vermutlich größtenteils als Schmiergeld im Ausland eingesetzt wurden. Bisher stand Com im Fokus der Ermittlungen. Das Unternehmen selbst hatte aber Ende Januar bereits fragwürdige Zahlungen in insgesamt sechs Bereichen beziffert, darunter auch 80 Millionen Euro in der Energieverteilung. Sharef war wie andere frühere Vorstände im Zuge des radikalen Konzernumbaus und der Verjüngung der Führungsspitze zum Jahreswechsel aus dem Vorstand ausgeschieden. Er hat aber noch einen Beratervertrag. Bislang ermittelte die Staatsanwaltschaft in der Siemens-Affäre vor allem gegen die früheren Vorstände Heinz-Joachim Neubürger und Thomas Ganswindt.

Was wusste Pierer?

Am Wochenende hatte es in Medienberichten neue Spekulationen um eine angebliche Mitwisserschaft des früheren Siemens-Chefs und Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich von Pierer gegeben. Pierer und weitere Topmanager hätten frühzeitig von schwarzen Kassen des Konzerns gewusst, hieß es in den Berichten. Im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und in der "Süddeutschen Zeitung" war von neuen Erkenntnissen die Rede. Der ehemalige Justiziar und Anti-Korruptionsbeauftragte des Konzerns, Albrecht Schäfer, soll demnach Pierer und mehrere seiner Kollegen frühzeitig auf schwarze Kassen hingewiesen haben. Zu den Berichten wollte sich Oberstaatsanwalt Winkler am Montag nicht äußern. Er machte aber deutlich, dass man etwaigen Hinweisen auf eine Beteiligung Pierers nachgehen werde.

Die Bundesregierung wollte die Spekulationen um Pierer unterdessen nicht bewerten. Pierer berät als Vorsitzender des Innovationsrates Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Hightech-Fragen. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, es gebe keinen Grund, sich in der aktuellen Debatte über die Person Heinrich von Pierer weiter zu äußern. "Wir sind da keine Ermittlungsbehörde. Er hat im Rat für Innovation sehr engagiert gearbeitet." Diese Aufgabe habe Pierer in den vergangenen Monaten und Jahren mit großem Engagement erfüllt. Steg deutete aber an, dass über die Zukunft des Innovationsrates nachgedacht werde. Die letzte Sitzung fand im September 2007 statt. Ende April solle der Rat eine Bilanz seiner Arbeit ziehen. Steg sagte, die Regierung wolle in den nächsten Wochen grundsätzlich über die Innovationspolitik und die Beratungsstrukturen nachdenken.

Korruptionsbericht erwartet

In dem "Handelsblatt"-Bericht hieß es zudem, der Konzern wolle Ende April einen Zwischenbericht zur Korruptionsaffäre vorlegen. Offen sei dabei, ob weitere Führungskräfte belastet werden. Frühere Siemens-Manager, die in die Affäre verwickelt sind, müssen mit Schadenersatzforderungen des Konzerns rechnen. "Nach meiner Einschätzung waren auch frühere Vorstände entweder aktiv initiativ am Korruptionsskandal beteiligt oder sie haben die Sache übersehen, dann liegt eine Aufsichtsverletzung auf der Hand", hatte der neue Chief Compliance Officer bei Siemens, Andreas Pohlmann, dem "Handelsblatt" kürzlich gesagt. (ck/dpa)

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