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Wirtschaft: Siemens auch ohne Handys in der Krise

Nach dem Verkauf der Mobiltelefone an BenQ schockt der Konzern die Börse mit einem Gewinneinbruch

München - Siemens hat die Börse mit einem unerwartet schlechten Quartalsergebnis schockiert. Auch nach dem Verkauf der verlustträchtigen Handysparte an den taiwanischen Konzern BenQ hat der Technologiekonzern seine Probleme nicht im Griff: Drei der zwölf Sparten stecken tief in der Verlustzone. Mit einem harten Sparprogramm will Siemens den Sanierungskurs nun verschärfen. Sein Jahresziel hat der Konzern endgültig aufgegeben. Er erwartet nur noch einen Gewinn auf Vorjahreshöhe von rund 3,1 Milliarden Euro. Die Siemens-Aktie fiel bis Handelsschluss um 2,8 Prozent auf 64,35 Euro und war mit dem Abschlag größter Verlierer im Dax.

Der seit einem halben Jahr amtierende Siemens-Chef Klaus Kleinfeld bemühte sich, die Lichtblicke in der Bilanz hervorzuheben. Er sei mit dem Gesamtwachstum im Konzern zufrieden, sagte er in München. Der Umsatz stieg im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2004/05 (30. September) im Vergleich zum Vorjahresquartal von 17,6 auf 18,8 Milliarden Euro; der Auftragseingang legte ebenfalls deutlich zu. „Das zeigt, dass wir Fahrt aufgenommen haben“, sagte Kleinfeld. Umsatztreiber waren erneut die Sparten Automatisierungstechnik, Medizintechnik, Osram und der Automobilzulieferer VDO.

Dennoch brach der Quartalsgewinn des Konzerns im Vergleich zum Vorjahr von 871 Millionen auf 625 Millionen Euro ein. Dabei sind die Verluste der jüngst veräußerten Handysparte schon nicht mehr mitgerechnet. Inklusive des Ergebnisses der Handysparte kam Siemens sogar nur auf einen Gewinn nach Steuern von 389 Millionen Euro. Analysten zeigten sich sehr enttäuscht von den Zahlen. „Das ist schon ein miserables Ergebnis“, sagte Frank Rothauge vom Bankhaus Sal. Oppenheim.

Belastet wurde das Konzernergebnis von der Kommunikationssparte Com, dem IT-Dienstleister SBS und der Logistiksparte L&A. Die Com-Sparte, in der sämtliche Kommunikations-Dienstleistungen des Konzerns gebündelt sind, rutschte auch ohne die Handys mit 70 Millionen Euro in die roten Zahlen (Vorjahresquartal: plus 209 Millionen Euro). SBS weitete seinen Verlust von minus zwei Millionen auf minus 109 Millionen Euro aus. Die Logistiksparte, die bisher schwarze Zahlen geschrieben hatte, wies ein Minus von 49 Millionen Euro aus.

„Wir werden unser Portfolio schonungslos analysieren“, kündigte Kleinfeld an. Bis Ende August sollen Umstrukturierungskonzepte für die kriselnden Bereiche vorliegen. Einen weiteren Stellenabbau schloss Kleinfeld dabei nicht aus. Der Konzern bemühe sich aber um „kreative Lösungen.“ Eine Zahl, um wie viele Stellen es dabei geht, wollte er nicht nennen. In den vergangenen Jahren hat Siemens mehrere tausend Stellen im Inland abgebaut. Zuletzt beschäftigte der Konzern noch rund 164000 Mitarbeiter in Deutschland, davon 14600 in Berlin. Berlin ist nach Angaben eines Konzernsprechers voraussichtlich nicht von einem möglichen Stellenabbau in den kriselnden Bereichen betroffen.

Das Ergebnis des IT-Dienstleisters SBS nannte Kleinfeld „inakzeptabel“. In der Sparte, über deren Verkauf zuletzt immer wieder spekuliert worden war, sollen die Kosten gedrückt und Arbeitsprozesse grundlegend verbessert werden. Produktnahe Dienstleistungen will Siemens nach und nach auslagern. Dazu gehöre beispielsweise, Wartungsarbeiten an Computern an Partner abzugeben.

In der erst im vergangenen Oktober fusionierten Sparte Com ist Siemens mit den Handys zwar seinen größten Verlustbringer los: Die BenQ-Aktionäre stimmten dem Geschäft am Donnerstag zu. Doch auch im Festnetz- und Firmenkundengeschäft hat Siemens große Schwierigkeiten. Um die Sanierung zu beschleunigen, baut Siemens den Com-Vorstand um: Sparten-Chef Lothar Pauly wird von Andy Mattes die Zuständigkeit für das Firmenkundengeschäft übernehmen.

Nicole Huss

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