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Wirtschaft: Siemens-Chef von Pierer will die Weichen neu stellen

BERLIN/MÜNCHEN (chi/tmh).Für die Siemens-Mitarbeiter in Berlin ist die Zitterpartie noch nicht ausgestanden.

BERLIN/MÜNCHEN (chi/tmh).Für die Siemens-Mitarbeiter in Berlin ist die Zitterpartie noch nicht ausgestanden.Anders als erhofft, hat der Aufsichtsrat nun eine entscheidende Weichenstellung verschoben.Jürgen Radomski, im Zentralvorstand zuständig für das Europa-Geschäft, bleibt zwar Konzernbeauftragter für den Standort Berlin - eine Funktion, die er vom früheren Verkehrstechnik-Vorstand Martinsen übernommen hatte.Die Hoffnung aber, daß Radomski auch sein Büro an der Spree haben wird, hat sich nicht erfüllt."Die Frage, ob Berlin eine Sonderstellung einnehmen soll, ist im Vorstand umstritten", sagt Georg Nassauer, Mitglied des Konzern-Gesamtbetriebsrates und des Aufsichtsrates.

Mit 17 500 Beschäftigten ist der Siemens-Standort Berlin einer der bedeutendsten.Doch der 10-Punkte-Plan, den Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer dem Konzern als Sanierungsprogramm verordnete, trifft den Standort empfindlich.Der Bereich Bauelemente und elektronische Komponenten soll verkauft werden, in Berlin sind davon 1300 Mitarbeiter betroffen.Das Dynamowerk mit 700 Beschäftigten wird umstrukturiert, bis zu 200 Jobs könnten wegfallen.Sorgenkind des Konzerns bleibt die Verkehrstechnik, die ihren Hauptsitz (noch) in Berlin hat und hier knapp 1300 Menschen beschäftigt - bundesweit sind es 8000.Ob ganze Standorte geschlossen werden, ist offen.Bereichsvorstand Herbert Steffen will sein Konzept Mitte Januar vorlegen.Nassauer warnt: Ohne klare Signale der Politik hätten die Berlin-Befürworter im Konzern schlechte Karten.

Unterdessen kündigte von Pierer bei der Bilanzvorlage am Donnerstag in München weitere Weichenstellungen an.Für den Sommer 2001 sei die Notierung der Siemens-Aktie in den USA geplant.Schon im kommenden Geschäftsjahr 1999/2000 (zum 30.September) werde die Siemens-Bilanz nach US-Vorschriften erstellt, sagte er.Dazu dient auch eine Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien und die Abschaffung der von der Familie Siemens gehaltenen und mit sechsfachem Stimmrecht ausgestatteten 1,6 Prozent Vorzugsaktien.Beides soll die Hauptversammlung im Februar absegnen.Dies öffnet dem Konzern auch die Möglichkeit von Übernahmen in den USA per Aktientausch.

Die Kapitalmaßnahmen und die Einführung eines leistungsabhängigen Einkommenssystems für die rund 100 am höchsten bezahlten Siemens-Manager seien Teil des neuen Wertsteigerungsprogramms, sagte von Pierer.Das neue Gehaltssystem sieht vor, 60 Prozent der Managergehälter an Leistungsziele zu knüpfen und dazu ab Ende 1999 auch Optionen für Siemens-Aktien einzusetzen.

Die von ihm angepeilte Steigerung des Unternehmenswerts sei für Expansionspläne entscheidend, denn "die Aktie ist zu einer Akquisitionswährung geworden", betonte der Konzernchef.Nach einer "einmaligen Ballung von Hagelschlägen" will er die Gewinne auch durch verstärkte Innovationen und Sanierung der Verlustsparten wieder zum Steigen bringen.Die Bereiche Halbleiter und Verkehrstechnik, die 1997/98 zusammen rund zwei Mrd.DM Verlust verursacht haben, sollen in der laufenden Periode ihre Defizite "deutlich" reduzieren, aber noch rote Zahlen schreiben.Der Bereich Energieerzeugung (KWU), der 1997/98 rund 65 Mill.DM Verlust verbuchte, werde dagegen schon in dieser Periode wieder profitabel arbeiten.Im Vorjahr mußte Siemens insgesamt Sonderbelastungen von sieben Mrd.DM verkraften, wovon allein der Konzernumbau vier Mrd.DM kostete.

Für die laufende Periode erwartet von Pierer ein gut zehnprozentiges Umsatzplus auf dann etwa 130 Mrd.DM.Der Nachsteuergewinn soll - ohne außerordentliche Erträge - noch stärker steigen.1997/98 kletterte er um zwei Prozent auf knapp 2,7 Mrd.DM.Außerordentliche Aufwendungen von gut 1,7 Mrd.DM ließen den Konzernjahresüberschuß aber auf rund 900 Mill.DM einbrechen.Spekulationen über massiven Stellenabbau trat von Pierer entgegen.Die inländische Belegschaft werde 1998/99 gehalten.

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