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Wirtschaft: Siemens droht den Schuldigen

Ehemalige Manager, die in die Schmiergeldaffäre verwickelt sind, müssen womöglich Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen

Düsseldorf/Berlin - Auf Ex-Siemens-Manager, die in den Schmiergeld-Skandal verwickelt sind, kommen offenbar Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zu. Ein Siemens-Sprecher sagte am Wochenende, dass der Konzern prinzipiell immer Schadenersatzansprüche prüfe. Es handele sich um ein „übliches Vorgehen“. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte gemeldet, dass der Konzern über eine Anwaltskanzlei von einem großen Teil der 40 Beschuldigten verlangt habe, gegen solche Ansprüche keine Verjährung geltend zu machen. Die meisten der betroffenen Ex-Manager hätten daraufhin die geforderte Erklärung abgegeben. Siemens will damit sicherstellen, dass spätere Schadenersatzklagen nicht daran scheitern, dass die Ansprüche bereits lange zurückliegen.

Anwälte der Beschuldigten sehen in dem Vorgehen ein „Zeichen nach außen“. Siemens wolle der US-Börsenaufsicht SEC beweisen, dass man hart vorgehe. Aus den USA droht Siemens in dem Skandal, bei dem es um dubiose Zahlungen von 1,3 Milliarden Euro geht, große Gefahr. Die SEC könnte wegen der Affäre eine Milliardenstrafe verhängen. Siemens ist von mehreren Korruptionsskandalen betroffen. Bislang hat der Konzern für die Jahre 2000 bis 2006 1,35 Milliarden Euro an unklaren Zahlungen entdeckt.

In Briefen an die 700 Führungskräfte kündigte Vorstandschef Peter Löscher zum Jahresanfang an, dass er die Verantwortung für die Skandale klären werde. „Beteuerungen des Nichtwissens oder der Uneigennützigkeit fehlgeleiteten Handelns sind zu kurz gegriffen und können so nicht akzeptiert werden“, schreibt Löscher in dem Brief an die leitenden Mitarbeiter, der dem „Handelsblatt“ vorliegt. Konzernkreise sehen in dem ungewöhnlich deutlich verfassten Brief ein Signal der Entschlossenheit, mit alten Geschäftspraktiken aufzuräumen und die Frage der Verantwortung bis hin zum langjährigen Vorstandschef Heinrich von Pierer zu stellen. Pierer, bis April Aufsichtsratschef, erklärt bislang, er habe nichts von Schmiergeldpraktiken gewusst.

Hintergrund des Schreibens sind die auch in diesem Jahr zu erwartenden negativen Wirkungen aus den Ermittlungen diverser Staatsanwaltschaften und den internen Untersuchungen von Siemens. Löscher redet seit Wochen davon, man müsse noch mit weiteren „unangenehmen“ Nachrichten aus dem Konzern rechnen. So könnten Siemens schwerwiegende Strafen drohen, vor allem von der SEC und dem Justizministerium.

In dem Brief an die Topmanager räumt Löscher auch mit der Behauptung der Siemens-Führung um von Pierer auf, es habe sich um die Machenschaften verschworener Einzeltäter gehandelt. „Was da stattgefunden hat, nicht in wenigen Einzelfällen, sondern vielfach und über längere Zeit, sind keine Kavaliersdelikte“, schreibt Löscher. „Niemand kann das mit einfachem Bedauern abhaken. Noch nie in der Geschichte unseres Hauses hatten wir eine solche Krise zu bewältigen, und die Nachwirkungen werden uns noch lange beschäftigen.“

Einen weiteren Brief schrieb Löscher an alle Mitarbeiter. Darin ist von Vergangenheitsbewältigung kaum die Rede. Vielmehr schwört die neue Führung die Siemens AG nach dem Rekordjahr 2007 auf neue Bestleistungen ein. cha/HB/dpa

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