zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Siemens füllt seine Kasse auf

Wandelanleihe über 2,5 Milliarden Euro /Der Markt für Unternehmensanleihen boomt

München/Berlin (nad/mot). Siemens will sich mit der Ausgabe einer Wandelanleihe frisches Kapital in Milliardenhöhe beschaffen. Wie Siemens am Donnerstag mitteilte, hat die Anleihe ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro und eine Laufzeit von sieben Jahren. Sie sei wandelbar in rund 45 Millionen SiemensAktien, was rund fünf Prozent der aktuell ausgegebenen Anteilsscheine ausmacht. Die Ankündigung des Siemens-Papiers setzt eine Serie von Neuemissionen fort, die in den vergangenen Wochen zu einem Boom von Unternehmens-Anleihen (Corporate Bonds) geführt hat.

Nach Angaben von Siemens soll die Anleihe bei institutionellen Anlegern außerhalb der USA platziert werden. „Siemens begibt die Wandelanleihe vor dem Hintergrund der derzeit günstigen Finanzierungsbedingungen im Markt für Wandelanleihen auf Grund niedriger Zinsen und hoher Volatilität“, hieß es in einer Mitteilung. Spekulationen, Siemens brauche das Geld für konkrete Übernahmen, trat der Konzern entgegen. „Es gibt keinen aktuellen Bezug. Der Zeitpunkt ist einfach günstig“, sagte Sprecher Peter Gottal dem Tagesspiegel. Er schloss aber nicht aus, dass sich in den sieben Jahren Laufzeit der Anleihe Chancen für Akquisitionen ergeben könnten. Zukäufe seien „in der ganzen Breite des Geschäfts“ möglich, von der Industrie- bis zur Telekomsparte.

Zuletzt hatte Siemens im April den Kauf der Turbinensparte vom französischen Konzern Alstom für 1,1 Milliarden Euro bekannt gegeben. Berichte, wonach Siemens auch an der Übernahme der Bahnsparte von Alstom interessiert sei, zu der der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV gehört, dementierte der Konzern..

Siemens-Aktien gerieten am Donnerstag unter Druck. Am Nachmittag notierten sie zwei Prozent schwächer bei 38,64 Euro. Analyst Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck sagte, der Markt verüble dem Konzern, dass er nicht gesagt habe, was er mit den 2,5 Milliarden Euro machen wolle. Kitz schätzt, dass Siemens damit das profitable Geschäft für Stromverteilungsnetze von Alstom übernehmen könnte, das einen Kaufpreis von ein bis zwei Milliarden Euro haben soll.

Die Ankündigung von Siemens, eine Anleihe zu platzieren, kommt indes nicht überraschend. „Nach dem Ende des Irak-Kriegs haben sich die Finanzierungsbedingungen stark verbessert“, sagt Bernhard Jeggle, Anleihespezialist der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Münchener Rück, VW, Telekom, Bertelsmann – viele deutsche Unternehmen haben das niedrige Zinsniveau genutzt, um sich mit Fremdkapital zu versorgen.

Bertelsmann stieß gleich mit zwei Anleihen auf großes Anlegerinteresse und nahm mehr Kapital auf als angekündigt. Eine am Mittwoch platzierte Euro-Anleihe brachte 650 Millionen Euro in die Gütersloher Kasse. Im April hatte der Konzern bereits mit einer Anleihe in den USA 500 Millionen Dollar aufgenommen. Volkswagen platzierte Mitte des Monats eine – drei Mal schwerer als geplante – Anleihe über 4,5 Milliarden Euro in drei Tranchen. Die Münchener Rück stockte Anfang Mai ihren Bond um eine Milliarde auf drei Milliarden Euro auf.

Breitere Gläubigerbasis

Insgesamt belief sich das Emissionsvolumen für Euro-Unternehmensanleihen im ersten Quartal 2003 auf gut 45 Milliarden Euro. Nach einem Einbruch im März (3,4 Milliarden Euro) sprang das Volumen im April wieder auf 13,9 Milliarden Euro. „Die Unternehmen nutzen die Gelegenheit und verbreitern ihre Gläubigerbasis und füllen ihre Kassen“, sagt LBBW-Analyst Jeggle. Die am häufigsten genannten Gründe: die Ablösung von Bankkrediten, der Schuldenabbau und die Kapitalbeschaffung für Übernahmen. Erleichtert wird den Konzernen der Gang auf den Kapitalmarkt auch, weil die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen im Vergleich zu Staatspapieren deutlich gesunken sind. Anleger suchen höher verzinsliche Anlagen und treiben so die Kurse der Firmenanleihen, was wiederum die Renditen unter Druck setzt. Der Renditeabstand, der so genannte Spread, zu Staatspapieren sinkt. Mussten Unternehmen im Herbst 2002, als die Börse Tiefststände erreichte, Anleger noch mit einen Aufschlag von 1,8 Prozentpunkten ködern, ist der Wert heute auf 0,9 Prozentpunkte gesunken.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false