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Siemens: Ging Kleinfeld auf Druck der US-Behörden?

Der scheidende Siemens-Chef Klaus Kleinfeld hat die Unterstützung im Aufsichtsrat vor allem wegen des Drucks der US-Behörden in der Schmiergeldaffäre verloren. Derzeit gibt es jedoch keine Hinweise auf ein Fehlverhalten Kleinfelds.

München - Die US-Anwälte von Siemens hätten aber auf die "ernsten Bedenken der US-Behörden" hingewiesen, die aufmerksam verfolgten, "wie Vorstand und Aufsichtsrat mit den Vorwürfen gegen das Unternehmen umgehen". Daraufhin seien zahlreiche Mitglieder gegen eine Verlängerung von Kleinfelds Vertrag gewesen. In der Folge hatte Kleinfeld seinen Rücktritt angekündigt. Der Vorstandsvorsitzende verabschiedete sich am Donnerstag mit der Vorlage glänzender Halbjahreszahlen und verordnete dem Konzern trotz seines baldigen Abschieds ein neues, ehrgeiziges Renditeprogramm. Ein Ende der Krise bei Deutschlands größtem Elektrokonzern ist aber nicht in Sicht. Der Schmiergeldskandal dürfte sich nach Einschätzung des Unternehmens noch ausweiten.

Kleinfelds Vertrag läuft zwar noch bis Herbst, inzwischen zeichnet sich ein schneller Wechsel an der Spitze ab. Der noch amtierende Vorstandsvorsitzende will gehen, sobald ein Nachfolger bereit steht. "Ich werde keinem im Wege stehen", sagte Kleinfeld. Als wahrscheinlichster Kandidat für die Nachfolge wird weiterhin Linde-Chef Wolfgang Reitzle gehandelt. Cromme hat nach Angaben aus seinem Umfeld eine Liste mit mehreren Kandidaten erstellt. Dabei versucht er auch weiterhin, Reitzle zu überzeugen. Der Linde-Chef hatte ursprünglich abgesagt, ist aber inzwischen nach Angaben aus seinem Umfeld durchaus wieder grundsätzlich interessiert.

Kleinfeld tritt nach 20 Jahren bei Siemens ab

Kleinfeld sagte, der Rücktritt falle ihm nach 20 Jahren bei Siemens schwer. "Es war mir eine unglaubliche Ehre in den letzten zwei Jahren, Vorsitzender des Vorstands dieses großartigen Unternehmens zu sein." Allerdings habe ihm zuletzt das nötige Vertrauen aus dem Aufsichtsrat gefehlt. Seine Entscheidung bedeute nicht, dass er eine Verantwortung im Schmiergeldskandal übernehme. Hier habe er sich nichts vorzuwerfen. Der Konzern sei geschäftlich trotz der Affären gut unterwegs, betonte der scheidende Vorstandsvorsitzende. "Siemens ist bestens für die Zukunft aufgestellt." Im zweiten Quartal 2006/07 (30. September) erreichten erstmals alle Sparten die ehrgeizigen Margenziele. Das operative Ergebnis der Bereiche verbesserte sich um 49 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro. Der Umsatz legte um zehn Prozent auf 20,6 Milliarden Euro zu. Die Siemens-Aktie verteuerte sich nach vortäglichen Verlusten am Donnerstag um 1,32 Prozent auf 89,53 Euro.

Alle Sparten schrieben schwarze Zahlen. So kam auch der schwächelnde IT-Dienstleister SBS auf ein Bereichsergebnis von 63 Millionen Euro nach einem Verlust von 199 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Größter Gewinnbringer war die Automatisierungssparte A&D, die das Ergebnis um 37 Prozent auf 526 Millionen Euro steigerte. Da alle Margenziele erreicht sind, setzte Kleinfeld den Bereichen mit einem Programm "Fit for 2010" neue Renditevorgaben. Er sei zuversichtlich, dass auch ein Nachfolger dieses Programm durchziehen werde, da die ganze Führungsmannschaft dahinter stehe, sagte Kleinfeld.

Schmiergeldermittlungen bedrohen Konzern weiter

Die größte Gefahr droht dem Konzern weiterhin aus den Schmiergeldermittlungen. Bisher geht der Konzern von dubiosen Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro primär in der Kommunikationssparte Com aus. Nun würden auch die anderen Bereiche genau unter die Lupe genommen, hieß es. Als Konsequenz erwarte Siemens, dass die Summe verdächtiger Zahlungen noch einmal deutlich zunehmen wird. Die Affäre kommt den Konzern ohnehin schon teuer zu stehen. Allein im abgelaufenen Quartal fielen Zahlungen an externe Berater, die bei der Aufklärung helfen sollen, in Höhe von 63 Millionen Euro an. Wer neuer Siemens-Chef wird, ist völlig offen. Im Umfeld Crommes wurde am Donnerstag dementiert, dieser wolle den Posten selbst zeitweise übernehmen. "Das ist Unsinn." Alle Beteiligten gehen aber davon aus, dass relativ schnell eine Lösung gefunden werden muss, um die Zeit der Unsicherheit zu beenden.

Offen ist auch das weitere Schicksal des Siemens-Autozulieferers VDO mit seinen 50.000 Beschäftigten. Es gebe Offerten für einen Verkauf, sagte Kleinfeld. "Die schauen wir uns auch an." Der derzeitige Plan sehe aber weiterhin eindeutig einen Börsengang vor. Vor allem der Autozulieferer Continental ist an einer Komplettübernahme interessiert. Die IG Metall befürchtet Werksschließungen und Stellenabbau bei VDO. (tso/dpa)

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