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Wirtschaft: Siemens schließt Chip-Werk in England

MÜNCHEN (tmh).Die Siemens AG, Berlin / München, legt ihr neues britisches Chipwerk in North Tyneside still.

MÜNCHEN (tmh).Die Siemens AG, Berlin / München, legt ihr neues britisches Chipwerk in North Tyneside still.Damit reagiert der Elektrokonzern auf die prekäre Lage seiner Halbleitersparte, die dieses Jahr einen Verlust von einer Milliarde DM ausweisen wird."Wir müssen diese harte Entscheidung treffen, um den Siemens- Halbleiterbereich wieder zu nachhaltig guten Erträgen und in eine sichere Zukunft führen zu können", begründete Siemens-Bereichsvorstand Ulrich Schumacher den Schritt.

In dem Werk arbeiten 1100 Personen.Wenn die desaströse Lage am Chipmarkt weiter anhält, sei der Schnitt in North Tyneside im übrigen noch nicht das Ende der Fahnenstange, sagte eine Siemenssprecherin auf Anfrage.Für das deutsche Chipwerk in Dresden bestehe aber weiterhin keine Gefahr.Die britische Fabrik wurde erst im Vorjahr nach Investitionen von 1,7 Mrd.DM eröffnet und steht noch in einer relativ unproduktiven Anlaufphase.Dieser Umstand und nicht der Kurs des britischen Pfunds habe zur Schließung geführt, sagte die Siemens-Sprecherin.Zudem sei der Chippreis seit der Investitionsentscheidung für North Tyneside 1995 um 95 Prozent gefallen und läge damit unter den Herstellkosten.Ferner sei ein Großkunde abgesprungen.Bei Bedarf könne man das Werk wieder hochfahren.

Für die Belegschaft sondiere Siemens derzeit mit der britischen Regierung die Möglichkeit einer Auffanggesellschaft oder eine Überführung in andere Siemenssparten.Ende 1998 dürfte North Tyneside geschlossen sein.Versuche, für den Standort einen Käufer zu finden, blieben angesichts der enormen Überkapazitäten in der Branche erfolglos.

Die britische Regierung spricht dagegen von Verkaufsgesprächen.Die Schuld an der verheerenden Marktlage schreibt Schumacher einer "selbstzerstörerischen Preispolitik" asiatischer Hersteller zu.Die Stillegung kostet Siemens einmalig rund eine Mrd.DM und führt auf der anderen Seite zu einer jährlichen Kostenentlastung von bis zu 400 Mill.DM.Unter dem Strich schließt es der Elektrokonzern nun nicht mehr aus, daß der Jahresüberschuß inklusive außerordentlicher Aufwendungen im laufenden Jahr unter den 2,6 Mrd.DM der Periode 1996/97 liegen wird.

Ein Komplettausstieg aus der Sparte Speicherchips stehe weiterhin nicht zur Diskussion, bekräftigte eine Sprecherin.Von der Misere betroffen sind vorwiegend Bausteine mit einer Speicherkapazität von 16 Megabit.Die baut Siemens auch in Dresden und im französischen Essones in Kooperation mit IBM.Dort sind 1600 Mitarbeiter beschäftigt.Dresden gilt als Leitfertigung und das Chipwerk mit der höchsten Produktivität im Siemens-Verbund.Fraglich ist, ob die prekäre Marktlage allein die Siemens-Halbleitersparte in eine derart bedrohliche Lage gebracht hat.So gab es durchaus Stimmen, die Siemens angesichts des traditionell sehr großen Schwankungen unterworfenen Chipgeschäfts vor Überkapazitäten gewarnt haben.

Das Chipwerk in North Tyneside sei "ein Standort zu viel", habe die Belegschaft vor Jahren kritisiert, hatte Siemens-Gesamtbetriebsratschef Alfons Graf jüngst in Erinnerung gerufen.Es schmerze, daß die Belegschaft für Dinge bluten müsse, für die sie nichts kann.Auch andere Hersteller haben die Schließung von Werken angekündigt oder vollzogen.Für von Pierer sind die Speicherchips derzeit das Hauptproblem im Konzern.Mit einem beschleunigten Wechsel von der 16 MB zur 64 MB-Chipgeneration bis Ende 1999 und der verstärkten Produktion von Logikchips will Siemens das Problem entschärfen.Mit einem Übergreifen des Preisverfalls auf 64 MB-Speicher rechnet der Konzern nicht.Solche Speicher und andere Bausteine fertigt Siemens auch in Regensburg, den USA, Österreich und Taiwan.Vor zwei Jahren verdienten die Münchner vor Steuern in der Halbleitersparte noch 604 Mill.DM.Im Vorjahr sank der Gewinn auf 109 Mill.DM.In der laufenden Periode steht ein Milliardenverlust bevor.

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