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Wirtschaft: Siemens-Tochter steht in den Startlöchern zum Börsengang - Überzeichnung der Aktien erwartet

Siemens-Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger dürfte sich bald wie Dagobert Duck fühlen. Mit dem Börsengang seiner Münchener Chip-Tochter Infineon Technologies AG schwimmt der Elektrokonzern demnächst wohl endgültig in Geld.

Siemens-Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger dürfte sich bald wie Dagobert Duck fühlen. Mit dem Börsengang seiner Münchener Chip-Tochter Infineon Technologies AG schwimmt der Elektrokonzern demnächst wohl endgültig in Geld. Kommenden Montag wird der neuntgrößte Halbleiterhersteller der Welt letzte Details zum Gang aufs Parkett nennen und am 13. März 2000 erstmals an den Börsen in Frankfurt (Main) und New York notieren.

Schon jetzt ist klar, dass es der hier zu Lande größte Börsengang nach dem der Deutschen Telekom sein wird. Experten schätzen den Infineon-Wert auf 30 bis 40 Milliarden Mark. Rund ein Viertel will die Mutter Siemens im ersten Schritt, dem in eineinhalb Jahren ein weiterer folgen soll, nun an die Börse bringen. Das könnte erst einmal bis zu zehn Milliarden Mark einbringen, wovon dem Börsenkandidaten selbst eine Milliarde per Kapitalerhöhung zufließt, sagte Infineon-Chef Ulrich Schumacher zuletzt. Die Preisspanne der Aktien könnte zwischen 31 und 37 Euro liegen, meinen Analysten. Wer sie bis zum 1. März ordert, erhält einen Bonus, der einen Euro betragen könnte. Insgesamt läuft die Zeichnungsfrist vom 21. Februar bis 10. März.

Bei weitem nicht jeder, der Aktien bestellt, wird jedoch auch welche bekommen, glauben Experten, die mit einer vielfachen Überzeichnung rechnen. Der Grund dafür liegt zum einen in Infineon selbst und deren Märkten, die boomen und vor Rekorden stehen. Zum anderen ist dafür die Siemens-Beteiligung Epcos verantwortlich. Mit dem Börsengang dieses Bauelementeherstellers gab die Mutter im Oktober 1999 den Startschuss für ihren kompletten Rückzug aus dem stark schwankenden Chipgeschäft. Wer damals Bedenken hatte und keine Epcos-Aktien erwarb, ärgert sich längst gewaltig. Der Wert dieses Papiers hat sich mittlerweile vervielfacht und der Börsenneuling notiert nun im Dax. Dahin will auch Schuhmacher mit Infineon. In der Öffentlichkeit ist das Unternehmen, das erst seit April 1999 als Infineon AG firmiert, nämlich noch relativ unbekannt. Dabei schielen die Münchner auf Kleinanleger, die bis zu 30 Prozent der ausgegebenen Aktien erhalten sollen.

Wer das Papier zeichnet hält auch ein Stück Prestige in Händen. Denn Infineon steht für die erfolgreiche Aufholjagd von Siemens im Chipgeschäft. Noch 1993 rangierte der damalige Bereich Halbleiter abgeschlagen auf Rang 19 der weltweiten Chiphersteller. Mit imposanten Wachstumsraten sind die Münchner binnen sechs Jahren unter die Top Ten vorgedrungen und technologisch sogar führend. Auch in den nächsten Jahren will Schumacher schneller als der Markt wachsen, der zurzeit vom Boom bei Mobiltelefonen oder zunehmender Kfz- Elektronik getrieben wird. Allein im letzten Quartal des Vorjahres legten die Infineon-Umsätze um über 80 Prozent auf gut drei Milliarden Mark zu. Das Nachsteuerergebnis verbesserte sich dabei um fast 300 Millionen Mark auf knapp 230 Millionen Mark. Gegenüber der hoch defizitären Periode 1998/99 (zum 30. September) ist damit eindrucksvoll die Rückkehr in die Gewinnzone gelungen. Dafür verantwortlich sind nicht nur die Schließung eines fehlgeplanten britischen Chipwerks und eine unternehmerische Umorientierung hin zu komplexeren Logikbausteinen, sondern vor allem auch das Anziehen der globalen Preise für Speicherchips. Konnten dafür 1999 nur noch vier bis fünf Dollar erlöst werden, ist das Preisniveau zuletzt auf bis zu zehn Dollar gestiegen. Nun bröckelt es aber wieder ab, sagen Experten. Noch immer tragen Speicherchips rund ein Drittel zum Infineon-Umsatz bei, was für eine autarke Firmenkonjunktur nur begrenzten Spielraum läßt. Gerade diese mutmaßlich auch in Zukunft stark schwankenden Geschäfte waren für Siemens letztlich auch der Grund, das Chipgeschäft komplett zu verlassen.

Zumindest für die nahe Zukunft erwarten Bankanalysten aber einen anhaltenden Aufschwung für Infineon. So wird der Umsatz für die laufende Periode auf knapp elf (Vorjahr 8,3) Milliarden Mark geschätzt und ein weiteres Anwachsen auf 14 Milliarden Mark im Jahr darauf. Die dazu gehörenden Nachsteuerergebnisse beziffern die Experten auf 740 (135) Millionen Mark für 1999/2000 und gut 1,1 Milliarden Mark für 2000/01, was weit über dem erwarteten Umsatzwachstum liegen würde. Um dabei nicht von knappen Kapazitäten gebremst zu werden, plant die Infineon, die schuldenfrei und mit 2,35 Milliarden Mark Grundkapital an den Start geht, einen Werksausbau, mutmaßlich in Dresden. In den nächsten Wochen soll eine Entscheidung dazu fallen.

Schumachers Pläne reichen aber weiter. Er will die im März beginnende Loslösung von der Mutter Siemens nutzen, um flexibler agieren zu können. Das schließt Zukäufe und letztlich auch eine Fusion per Aktientausch mit ein.

tmh

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