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Wirtschaft: Siemens trumpft auf

Nach monatelanger Kritik an seinem radikalen Kurs kann Konzernchef Kleinfeld nun erste Erfolge vorweisen

München - Der tief greifende Konzernumbau bei Siemens zeigt erste Ergebnisse. Dank der Trennung vom verlustreichen Handygeschäft und kräftiger Investitionen in ertragsstarke Sparten stieg der Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr um mehr als ein Drittel. Bis Frühjahr 2007 will Konzernchef Klaus Kleinfeld alle Bereiche auf Erfolgskurs bringen. Analysten bezweifeln, dass dies in so kurzer Zeit gelingt. Die Börse honorierte die Zahlen: Bis zum Handelsschluss stieg die Siemens-Aktie um 3,1 Prozent auf 74,05 Euro.

„Wir haben fast alle strategischen Ziele erreicht, die wir uns vorgenommen haben“, sagte Kleinfeld am Donnerstag in München. Siemens sei „extrem stark aufgestellt“. Von seinem eingeschlagenen Kurs werde er deshalb nicht abweichen. Seit seinem Amtsantritt im Januar 2005 hat Kleinfeld den Konzern radikal umgebaut: Unrentable Sparten wie das Handygeschäft stieß er ab, zukunftsträchtige Bereiche wie die Medizintechnik und die Energieerzeugung stärkte er mit milliardenschweren Zukäufen.

Den heftig kritisierten Verkauf der inzwischen insolventen Handysparte an den taiwanesischen Konzern BenQ im vergangenen Jahr verteidigte Kleinfeld entschieden. „Wir haben die Optionen damals sehr sorgfältig geprüft und da sprach vieles für BenQ.“ Die Insolvenz habe ihn selbst „sehr überrascht und betroffen gemacht“. Siemens habe inzwischen viel Unterstützung geleistet und sei zu Unrecht zum Prügelknaben gemacht worden.

Der Verkauf der defizitären Handysparte trug maßgeblich dazu bei, dass es bei Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr 2005/06 (bis 30. September) wieder steil bergauf ging. Für die Sparte fielen zwar noch Restrukturierungskosten von fast 400 Millionen Euro an. Insgesamt stieg der Konzerngewinn aber um 38 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro. Der Umsatz legte um 16 Prozent auf 87,3 Milliarden Euro zu. Siemens kündigte an, die Dividende im Vergleich zum Vorjahr um zehn Cent auf 1,45 Euro anzuheben.

Für das laufende Geschäftsjahr zeigte sich Kleinfeld optimistisch. „2007 wird ein gutes Jahr für Siemens“, sagte er. Das Wachstum des Konzerns soll, abgesehen von Desinvestitionen, doppelt so hoch ausfallen wie das durchschnittliche Weltwirtschaftswachstum, das er auf 3,5 Prozent bezifferte. Bis zum Frühjahr sollen alle elf Konzernsparten ihre Renditeziele erfüllen. Kleinfeld räumte ein, bis dahin sei es noch ein hartes Stück Arbeit.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben nur fünf Bereiche die Margenziele erfüllt, darunter die erfolgsverwöhnten Sparten Medizintechnik, Industrieautomatisierung (A&D) und die Lichttochter Osram. Am meisten Sorgen bereitet Siemens noch der IT-Dienstleister SBS. Die Sparte soll im Januar mit mehreren Software-Einheiten des Konzerns zum neuen Bereich SIS mit rund 43 000 Mitarbeitern zusammengefasst werden.

Analyst Roland Pitz von der Hypo-Vereinsbank sagte, Siemens liefere nach der dringend notwendigen Restrukturierung schwacher Bereiche „die Ergebnisse, die der Markt erwartet hat“. Jetzt müsse der Konzern zeigen, dass er auch seine übrigen Baustellen aufräumen könne. Pitz hält es aber für fraglich, dass Sparten wie die Verkehrstechnik ihre Margenziele bis April 2007 erreichen werden. Bernd Laux von Cheuvreux glaubt, dass auch SBS die Zielmarge verfehlen wird. Schlecht steht es nach Ansicht von Analysten auch um das Geschäft mit Telefonnetzen für Firmenkunden, das ein Überbleibsel der aufgelösten Telekommunikationssparte ist und zum Verkauf steht. Kleinfeld sagte, die Suche nach einem oder mehreren Partnern dauere an.

Gewerkschafter kritisierten, dass Siemens angesichts seiner Milliardengewinne zu wenig Verantwortung für seine Mitarbeiter übernehme. „Es kann nicht angehen, dass das Unternehmen auf der Erfolgswelle schwimmt und zur gleichen Zeit Mitarbeiter im Regen stehen lässt, für die es Mitverantwortung trägt“, hieß es bei der IG Metall München in Anspielung auf die knapp 2000 BenQ-Beschäftigten, die nach der Insolvenz von BenQ Mobile ihren Arbeitsplatz verlieren.

Nicole Huss

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