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© ddp

Sigmar Gabriel: Die Opel-Agenda

Wie ein SPD-Minister gegen einen CSU-Kabinettskollegen Stimmung macht – und fast alle profitieren.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Sigmar Gabriel hat weder in der Task Force noch in der Treuhand oder sonst einem Opel-Gremium irgendeine offizielle Funktion. Doch spätestens, seit der SPD-Umweltminister vor ein paar Wochen – in diesem Fall qua Amt legitimiert – die anhaltenden Störfälle im Atomkraftwerk Krümmel zur Grundsatzfrage über die Zukunft der Kernenergie und damit zu einem wichtigen Thema im Bundestagswahlkampf anhob, weiß man: Dieser Mann versteht was von Wahlkampf.

Und das mag auch Gabriels jüngsten Versuch erklären, dem politischen Gegner am Zeuge zu flicken. Karl-Theodor zu Guttenberg, dem CSU-Wirtschaftsminister, wirft er öffentlich vor, dieser blockiere und verzögere den Verkauf von Opel an das kanadisch-russische Konsortium um den Autozulieferer Magna. Guttenberg verfolge damit nicht die offizielle großkoalitionäre Verhandlungslinie, sondern seine eigene „Insolvenz“-Agenda. Für den SPD-Wahlkämpfer Gabriel steht fest: Die CDU-Kanzlerin muss ihren Minister entweder rasch zur Ordnung rufen. Oder sie macht sich selbst schuldig, falls der Verkauf an Magna scheitert und Opel entweder von General Motors überhaupt nicht verkauft wird oder bald doch Insolvenz anmelden muss.

Ob das wahltaktische Kalkül Gabriels, der Union bis zur Bundestagswahl in vier Wochen mangelndes Interesse an den Opelanern nachzusagen, am Ende aufgehen wird, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Denn spätestens seit Mitte August hat der Opel-Interessent Magna nicht nur SPD- Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier auf seiner Seite, sondern auch die CDU-Kanzlerin. Mehrmals hat Angela Merkel in jüngster Zeit auf ihre Priorität hingewiesen, wenn es um den neuen Opel-Eigentümer geht. Und nun drückt Merkel auch, was den Verkaufsprozess angeht, auf die Tube. Beide Seiten, Union und SPD, signalisieren damit, dass sie das gleiche Ziel haben: den raschen Verkauf von Opel an Magna. Möglichst vor der Bundestagswahl. Einzig Guttenberg, der bekennende Magna-Skeptiker, kann für einen SPD-Wahlkämpfer wie Gabriel zum Feindbild taugen, wenn sich die Verhandlungen weiter hinziehen – und vor dem 27. September nicht zu einem erkennbaren Abschluss kommen.

Nachdem sich der Verwaltungsrat des amerikanischen GM-Eigentümers vergangene Woche nicht entschließen konnte, Magna den Zuschlag zu erteilen, und sogar Gerüchte verbreitet wurden, der von der amerikanischen Regierung finanzierte Konzern  werde Opel womöglich überhaupt nicht verkaufen, arbeiten jedoch beide Seiten der großen Koalition heftig daran, eine nochmalige Verzögerung zu verhindern. Eine klare Ansage aus Detroit steht allerdings noch aus.

Am Freitag nun wurde darüber spekuliert, ob die Bundesregierung ihr Hilfspaket für den Opel-Verkauf an Magna erneut nachgebessert habe. Wie es hieß, wolle Berlin dem Magna-Konsortium statt einer 4,5-Milliarden-Euro-Bürgschaft einen entsprechenden Kredit der staatlichen KfW-Förderbank einräumen. Hintergrund: Inzwischen sollen sich bei Magna Probleme andeuten, einen Kauf von Opel zu finanzieren. Einen solchen Kredit wollte der Vize-Regierungssprecher Klaus Vater zwar offiziell nicht bestätigen. Allerdings dementierte er ihn auch nicht.

Für beinahe alle Seiten könnte ein solcher Kredit segensreich sein. Für Opel und für Magna sowieso. Für General Motors ebenfalls, weil die Amerikaner ohnehin Anteilseigner bleiben und eine deutsche Staatsfinanzierung auch ihnen hilft. Und auch für Angela Merkel und Frank- Walter Steinmeier, die bewiesen hätten, dass sie sich um die Opel-Arbeitsplätze kümmern. Einzig für den Steuerzahler könnte das Geschäft riskant werden. Aber eben erst nach der Wahl.

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