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Schwierige Verhandlungen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel berichtet am Dienstag in Peking von seinen Gesprächen.

© dpa

Sigmar Gabriel in China: Süß-saure Wirtschaftsbeziehungen

Die China-Reise des Bundeswirtschaftsministers startet mit diplomatischen Irritationen – und deutlicher Kritik an den Deutschen.

Chinas Handelsminister Gao Hucheng nahm sich am Dienstag besonders viel Zeit für Sigmar Gabriel (SPD). Das Gespräch mit dem Bundeswirtschaftsminister in Peking dauerte so lange, dass anschließend Raum für Spekulationen blieb. Gab es Streit? Wie schlecht ist die Stimmung zwischen Chinesen und Deutschen, nachdem Gabriel vor seiner Abreise in die Volksrepublik über schärfere Kontrollen chinesischer Investoren in Deutschland philosophiert hatte? Nach außen drang nichts, Gao Hucheng und Gabriel nahmen allerdings nicht an der anschließenden Sitzung des gemeinsamen Wirtschaftsausschusses teil. Dass der deutschen Wirtschaft damit „die kalte Schulter“ gezeigt worden sei, wies Gabriel nach der Unterredung eilig zurück. Das Gespräch habe länger gedauert, sodass beide direkt zum Treffen mit Chinas Premier Li Keqiang gefahren seien.

Die Bundesregierung sorgt sich um einen Ausverkauf deutscher Firmen

Den Eindruck, dass es in den Wirtschaftsbeziehungen beider Länder mächtig knirscht, konnte Gabriel gleichwohl nicht zerstreuen. Nach den diplomatischen Verstimmungen steht die Reise unter ganz besonderer Beobachtung. In seinen Gesprächen mit dem Ministerpräsidenten und dem Handelsminister setzte sich der Vizekanzler für mehr Marktzugang und faire Wettbewerbsbedingungen in China ein. Die Bundesregierung treibt die Sorge um, dass immer mehr deutsche Hightech-Firmen von Chinesen übernommen werden, während deutsche Investoren in China gleichzeitig streng reguliert werden. „Wir sind ein Land, in dem chinesische Unternehmen investieren können, aber wir wollen umgekehrt auch ein gleiches Spielfeld in China“, sagte Gabriel.

Vizeministerin Gao Yan, die den Handelsminister in dem gemeinsamen Wirtschaftsausschuss vertrat, wurde deutlicher. In ihrer Auftaktrede beklagte sie eine investitionsfeindliche Stimmung in Deutschland. Mit keinem Wort entschuldigte sie sich Teilnehmern zufolge bei den Spitzen der deutschen Wirtschaft für die Abwesenheit des chinesischen Handelsministers. Während Delegationskreise berichteten, die Absage sei eine chinesische Entscheidung gewesen, hob Gabriel später hervor, es sei vielmehr sein Vorschlag gewesen, direkt zum Premier zu fahren. „Wir haben sehr lange darüber geredet, welche Bedingungen deutsche Unternehmen in China vorfinden müssen.“ Am Tag vor Gabriels Besuch hatte Chinas Außenministerium den deutschen Gesandten in Peking einbestellt, um gegen die Nichtgenehmigung von Investitionen und negative Medienberichte zu protestieren.

Die Stimmung in der chinesischen Industrie ist überraschend gut

Auch Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) wollte nach dem ausgefallenen Termin am Dienstag nicht von einem „Affront“ sprechen. Beide Minister hätten einen „intensiven Meinungsaustausch“ gehabt. In seiner Rede im Ausschuss forderte Machnig „Reziprozität“, also Gegenseitigkeit: „Für uns ist wichtig, dass es für deutsche Unternehmen in China die gleichen Chancen gibt wie für chinesische Unternehmen in Deutschland.“ Dies sei auch das Prinzip einer Marktwirtschaft. Bei Chinas Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) vor 15 Jahren war China zugesagt worden, den Status bis Dezember zu erhalten.

Gute Nachrichten kamen am Dienstag aus der chinesischen Wirtschaft: Die Stimmung in der Industrie des Landes hat sich im Oktober überraschend aufgehellt, was Hoffnungen auf eine Besserung der chinesischen Konjunktur nährte, die zuletzt eher geschwächelt hatte. mit dpa

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