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Sindelfingen: Daimler-Beschäftigte kämpfen für C-Klasse

Die C-Klasse solle in Zukunft im Ausland produziert werden. Das sei unausweichlich, glauben Experten. Doch die Arbeiter wollen sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden geben. Allein in Sindelfingen sind 3000 Arbeitsplätze in Gefahr, warnte Gesamtbetriebsratchef Klemm.

Die Beschäftigten des Daimler-Werks in Sindelfingen kämpfen gegen eine Verlagerung der Produktion ins Ausland. Experten halten diesen Weg dagegen für unausweichlich. Wo von 2014 an die neue Generation der Mercedes C-Klasse tatsächlich vom Band rollen wird, will der Vorstand voraussichtlich an diesem Dienstag entscheiden. Sollte diese zulasten von Sindelfingen gehen, drohen nach Einschätzung des Betriebsrates Kündigungen.

Mehr als zehntausend Mitarbeiter des größten deutschen Pkw-Werks des Konzerns appellierten am Montag an den Vorstand, die Produktion der neuen Generation der C-Klasse nicht in die USA zu verlagern. "Die Produktion der C-Klasse ist für die Beschäftigten am Standort Sindelfingen von zentraler Bedeutung", sagte Klemm bei einer Betriebsversammlung. Der Vorstand müsse ein tragfähiges Konzept vorlegen, kein Mitarbeiter dürfe Angst um seinen Job haben. "Dafür brauchen wir die Produktion der C-Klasse."

Andernfalls sind laut Klemm in Sindelfingen Kündigungen nicht zu vermeiden. Der Betriebsratschef warnt seit Wochen davor, dass bei einer Verlagerung 3000 Arbeitsplätze in Gefahr sind. Zusammen mit weiteren Rationalisierungsmaßnahmen, die unerlässlich seien, könne dies dazu führen, dass Mitte des nächsten Jahrzehnts in dem Werk 6000 Mitarbeiter weniger gebraucht würden als im Moment. Ein solcher Personalüberhang wäre seinen Angaben zufolge sozialverträglich unter Ausschluss von Kündigungen nicht mehr beherrschbar.

Betriebsrat und Mitarbeiter hätten schon 1996 und 2004 darum ringen müssen, dass die C-Klasse weiter in Sindelfingen produziert werde. Sie hätten dafür massive Zugeständnisse gemacht. Zu weiteren Einschnitten seien die Mitarbeiter nicht mehr bereit, sagte Klemm. Allerdings werde die Belegschaft eine Verlagerung nicht kampflos hinnehmen. Am Dienstag ist eine große Demonstration vor den Toren des Werks geplant.

Derzeit wird die meistverkaufte Daimler-Baureihe neben Sindelfingen (Kreis Böblingen) auch in Bremen, Südafrika und China produziert. Nach den Plänen des Vorstandes kommt grundsätzlich infrage, einen Teil der Fertigung in das Werk Tuscaloosa in den USA zu geben. In Sindelfingen arbeiten mehr als 20.000 Menschen in der Produktion, 4500 bauen die C-Klasse. Pro Tag können in dem Werk nahe Stuttgart Angaben des Betriebsrates zufolge 1800 Autos gebaut werden, ein Drittel davon mache die C-Klasse aus.

Im US-Werk Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama werden bisher nur die SUV-Reihen und die R-Klasse gefertigt. Für eine dortige Fertigung der C-Klasse würden aus Sicht des Unternehmens der niedrige Dollar-Kurs und eine Produktion näher am Markt sprechen. Daimler baut Unternehmensangaben zufolge derzeit vier von fünf Autos in Westeuropa, verkaufe aber nur 60 Prozent auch in dieser Region.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält eine Verlagerung für unausweichlich. "Der US-Dollar wird auch in den nächsten Jahren auf seinem niedrigen Niveau verharren", sagte der Professor von der Universität Duisburg-Essen. "Auch wenn es schwerwiegende Folgen für die Beschäftigung hat, bin ich der Meinung, dass kein Unternehmen seine Produktion gegen ökonomische Zwänge gestalten kann." Daimler sei mit einem Produktionsanteil von 75 Prozent zu sehr auf das Inland konzentriert, sagte Dudenhöffer. "Es müssten aber 50 Prozent im Inland und 50 Prozent im Ausland sein." Nur so könne sich das Unternehmen dauerhaft gegen die großen Wechselkursschwankungen absichern. Die C-Klasse ist die meistverkaufte Baureihe von Daimler. Im vergangenen Jahr setzten die Stuttgarter davon 439.700 Wagen ab, der Gesamtabsatz lag bei 1,27 Millionen Pkw. (jg/smz/dpa)

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